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06.12.2024
Klimaneutrale Umspannwerke: Zukunftweisend und mit einem ausgereiften Schaltanlagen-Ring versiegelt
Die hier beschriebenen Modellreihen arbeiten mit Vakuumtechnik, synthetischer Luft und einem Global Warming Potential = 0 (GWP = 0). Für den Betrieb und Ausbau von Spannungsnetzen haben Freudenberg Sealing Technologies und Siemens Energy innerhalb kurzer Zeit eine marktreife Lösung für Hochspannungsschaltanlagen entwickelt, die zu 100 Prozent auf den Einsatz von Schwefelhexafluorid (SF6) als Isolationsgas verzichtet. Der Grund für diese Entwicklung: Mit einem GWP = 24.300 weist SF6 ein sehr hohes Erderwärmungspotenzial auf.
Anfang März 2024 trat für den Gebrauch fluorierter Treibhausgase die EU-Verordnung 2024/573 in Kraft. Diese Verordnung ersetzt alle bis zu diesem Zeitpunkt gültigen Vorgaben zur Emissionsbegrenzung durch das Verwenden und die Rückgewinnung, das Recycling, die Aufarbeitung sowie die Zerstörung von fluorierten Treibhausgasen. Für den Energiesektor bedeutet dieser Erlass nicht weniger als die komplette Umstellung der seit Dekaden im Einsatz befindlichen Energie-Infrastruktur auf Lösungen mit einem GWP < 1.
Im Fokus: Kompaktes Design von Schaltanlagen
Insbesondere in urbanen Regionen sind größere Flächen rar und Räume in der Peripherie müssen auch beim Betrieb von Umspannwerken optimal genutzt werden. Vergleicht man luftisolierte und gasisolierte Schaltanlagen unter diesem Gesichtspunkt, wird deutlich: Gasisolierte Schaltanlagen benötigen nur etwa ein Fünftel der Fläche einer entsprechenden freiluftisolierten Anlage. In dieser kompakten Installationsanordnung hat sich SF6 als Isolationsgas bei Höchstspannungsnetzen ebenso bewährt, wie bei Hochspannungs- und Mittelspannungsnetzen.
SF6 ist ein ungiftiges Gas, das jedoch eine hohe und langjährige Klimawirkung besitzt, wenn es in die Atmosphäre gelangt. Die weltweiten Meldungen über klimaindizierte Wetterphänomene zeigen auf drastische Weise, dass schnelles und konsequentes Handeln erforderlich ist, um unsere Atmosphäre zu schützen. Schritt für Schritt muss im industriellen Kontext auf den Einsatz von Treibhausgasen verzichtet werden, die umgangssprachlich „Klimakiller“ genannt werden.
Nach vorne denken: Synergien erkennen und Sachverstand nutzen
Freudenberg Sealing Technologies und Siemens Energy zeigen, wie mit technischer Expertise und Materialkompetenz ein klimaneutraler Austausch bei der Errichtung und dem Betrieb von Umspannwerken realisiert werden kann. Innerhalb kurzer Zeit ist es gelungen, SF6 in Schaltanlagen zu ersetzen – bevor die europäische Verordnung in Kraft trat.
Als Key Account Manager im Vertriebsaußendienst war Martin Müller von Anfang an an den verschiedenen Prozessschritten beteiligt. Er lächelt: „Ganz klar hat die langjährig-bewährte Kunden-Lieferantenbeziehung dazu geführt, dass dieses Projekt ein Erfolg geworden ist. Unsere profunde Materialkompetenz hat sich hervorragend mit dem technischen Knowhow von Siemens Energy verzahnt und auf das, was wir gemeinsam innerhalb kurzer Zeit erreicht haben, sind wir ehrlich gesagt auch ein wenig stolz.“
Innovationskultur leben: Ergebnisse, bevor gesetzliche Vorgaben greifen
Bereits 2018 hat Freudenberg damit begonnen klimaneutrale isolierende Werkstoffe für den Energiesektor zu entwickeln. Bei Siemens Energy gab es zu dieser Zeit bereits erste Produkte mit synthetischer Luft als Isolationsmedium. Der Verzicht auf das bewährte Schwefelhexafluorid erfordert den Einsatz anderer Gasgemische, die sowohl isolierend als auch klimaneutral sein müssen. Dabei haben Variationen synthetischer Luft und andere Gasgemische üblicherweise eine kleinere Molekülgröße und damit wiederum wird der Einsatz neuer Werkstoffe essenziell. Deren Struktur muss in der Lage sein, das Entweichen kleinster Isolationsgas–Teilchen zu verhindern. Designwissen traf auf Materialkompetenz und heraus kam ein Synthesekautschuk auf Chlorbutyl-Basis (CIIR). Dieser Werkstoff zeichnet sich durch eine geringe Durchlässigkeit gegenüber Gasen aus (Gas Permeation). Zudem eignet sich das Material für den Einsatz im breiten Temperaturspektrum bis zu einer Tiefsttemperatur von -60° C. Hinzu kommt, dass der entwickelte Werkstoff keine Verbindungen aus der Gruppe der Per- und Polyfluorierten Alkylsubstanzen (PFAS) enthält.
Karsten Löhn, der globale Key Account Manager, erinnert sich: „Für den Einsatz in Schaltanlagen haben wir uns damals auf den Chlorbutylkautschuk fokussiert und unser Produkt 70 CIIR 236460 entwickelt. Damit konnten wir die Siemens Energy-Kollegen bei der Entwicklung neuer Schaltanlagen direkt mit passenden Dichtungen für die unterschiedlichen Baureihen unterstützen. So war Siemens Energy innerhalb weniger Monate in der Lage, in ihren „Blue“-Produkten ein hervorragend geeignetes Dichtungsmaterial einzusetzen.“
Produktspezifische Analyse: Umweltwirkungen und Lebenszyklusstadien
Der direkte Vergleich der Lebenszyklusanalyse (LCA) einer 420 kV GIS mit synthetischer Luft und SF6 liefert ein deutliches Ergebnis. Durch den Einsatz synthetischer Luft als Isolationsgas sind die gesamten CO2-Äquivalente (CO2e) 81 % geringer als bei den SF6 Schaltanlagen. Weitere Reduktionen werden perspektivisch erreicht, je mehr erneuerbare Energien in die Lieferketten und in die Fertigung der Schaltanlagen einfließen können.
Zukunft im Einsatz: Vakuum Schalttechnik und synthetische Luft
Bereits 2010 konnte Siemens Energy erstmals die neuentwickelten, geprüften und zertifizierten Schaltanlagen aus dem „Blue“-Portfolio installieren. Der Einbau erfolgte in einem Umspannwerk in Frankreich. Dieser Innovationsprozess verlief reibungslos: Die Lieferung und Installation der werkseitig vorgeprüften Geräte führten zu einer schnellen Installation und Inbetriebnahme der GIS-Anlage – einschließlich der Hochspannungs- und Teilentladungstests vor Ort. Seit 2023 wird das CIIR-Dichtmaterial standardmäßig bei Siemens Energy in „Blue“-Produkten eingesetzt. Gleichzeitig ist das Gashandling von der Synthetischen Luft im Vergleich zu anderen Isoliergasen erheblich einfacher. Auch die bestehenden Werksqualitätsmaßnahmen wurden an die synthetische Luft angepasst. Damit konnte eine vergleichbare Dichtigkeit der Produkte wie bei SF6 Geräten erreicht werden.
Karsten Pohlink, Entwicklungsleiter für die gasisolierten Schaltanlagen bei Siemens Energy, bringt es auf den Punkt: „Unser Ziel ist es, bis zum Jahr 2030 ein vollständig F-Gas-freies Portfolio zu haben. Dafür haben wir über 60 Millionen Euro in eine neue Produktionsstätte in Berlin investiert und haben mit der Freudenberg Sealing Technologies einen Partner an der Seite, dessen einzigartige Werkstoffkompetenz die schnelle Adaption unserer Schaltanlagen an zukünftige Anforderungen ermöglich hat.“
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