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REISE IN DIE ZUKUNFT
Jeden Monat finden Sie hier eine neue Folge der ESSENTIAL Science-Fiction-Serie Reise in die Zukunft. In einer fiktiven Welt, in der die Ziele des Pariser Klimaabkommens Wirklichkeit geworden sind, erkundet Blogger Nero den möglichen technologischen und gesellschaftlichen Wandel. Ziel der Serie ist es, möglichst kreativ mit ganz unterschiedlichen Visionen zu spielen, und den Leser mitzunehmen auf ein Gedankenexperiment: Wie könnte unsere Zukunft aussehen – und was bedeutet das für uns?
Science-Fiction-Kurzgeschichten: Teil 15
Menschheitsfragen auf Wiedervorlage
22. August 2046. Der Tech-Blogger Nero zieht Bilanz. Wie weit ist die Menschheit im Kampf gegen Klimawandel, Hunger und Krankheiten gekommen? Was hat sich in Energie- und Landwirtschaft, Mobilität und Medizin geändert – und warum?
Der Tag beginnt anders. Zum ersten Mal seit Wochen regnet es. Schon beim Frühstück denke ich an meinen bevorstehenden 50. Geburtstag. Mein Müsli schmeckt mir nicht. Meine KI-Assistentin Avar versucht mich damit zu beruhigen, dass die für mich individuell hergestellte Mischung nach meinem letzten medizinischen Check-up automatisch geändert worden sei. Sie enthält jetzt einen Avocado-Extrakt, der Gefäßablagerungen entgegenwirken soll. Im Büro sieht alles nach beruhigender Routine aus. Wie immer beginnt mein Arbeitstag damit, dass mir Avar meine Tagesaufgaben vorliest. Keine Termine außer einem längeren Telefonat mit einem der wenigen Kunden, der nicht in den Sommerferien ist. Dann nimmt Avar sich die Wiedervorlagen vor: „Die älteste stammt aus dem Jahr 2018. Der Betreff lautet: Menschheitsfragen.“ Ich erinnere mich. Damals, in der Nacht vor meinem 22. Geburtstag, schrieb ich ein paar Fragen nieder, die mich in meiner journalistischen Arbeit leiten sollten. In 30 Jahren, so meine damalige These, hätte die Menschheit durch den technischen Fortschritt alle grundlegenden Fragen gelöst. Ich schmunzele über den optimistischen jungen Mann, der ich einst war. „Soll ich Dir auch die einzelnen Fragen vorlesen?“, fragt Avar. Ich beschließe spontan, mein Tagesprogramm zu ändern und die Fragen aus heutiger Sicht zu beantworten.
Ist es der Menschheit gelungen, den Klimawandel zu stoppen?
Zu verlangsamen: Ja. Ganz zu vermeiden: Nein. Heute gelangen kaum noch klimaschädliche Gase in die Luft. Vor allem nutzen wir die Atmosphäre nicht mehr als Mülldeponie für das Kohlendioxid, das aus der Verbrennung fossiler Rohstoffe wie Erdöl, Erdgas oder Kohle resultiert. Der komplette Energiesektor ist weitgehend auf Strom aus erneuerbaren Quellen umgestellt. Solarenergie aus der Wüste und Windenergie aus riesigen, freischwimmenden Meeres-Windparks werden über Hochspannungs-Gleichstromleitungen weltweit verteilt. Ergänzt werden diese riesigen Infrastrukturen durch lokale Energiecluster, in denen keine Kilowattstunde mehr verschwendet wird. Nur ein Beispiel: Die gläsernen Hochhausfassaden in den Megametropolen sind gleichzeitig Mikrokraftwerke, die die eingestrahlte Sonnenenergie nutzen, um die Gebäude zu klimatisieren.
Kann klimaneutrale Mobilität gelingen?
Ja. Technisch hat das Elektroauto bereits in den 2020er Jahren seinen Durchbruch erlebt – allerdings zunächst nur in Asien und in Europa. Da es noch immer schwierig ist, elektrische Energie direkt zu speichern, ist eine gigantische Wasserstoff-Industrie entstanden. Wo es auf hohe Energiedichte ankommt, um etwa Lastwagen anzutreiben, kommt mit Hilfe von Grünstrom erzeugter Wasserstoff in Brennstoffzellen zum Einsatz. Ein Teil des Wasserstoffs wird zu höherwertigen, besonders energiereichen E-Kraftstoffen weiterverarbeitet. Sie ähneln dem heutigen Benzin und Diesel, sind aber nicht fossilen Ursprungs – das dafür benötige Kohlendioxid stammt direkt aus der Luft. Allerdings: Bis zum Jahr 2030 sind die jährlichen CO2-Emissionen zunächst weiter angestiegen, eine Folge des weltweiten Wirtschaftswachstums. Erst in den letzten zehn Jahren ist es gelungen, die Emissionen massiv abzusenken. Da Kohlendioxid für einige tausend Jahre in der Atmosphäre verbleibt, wird die globale Durchschnittstemperatur bis zum Jahr 2100 vermutlich um bis zu drei Grad Celsius steigen. Im Zentrum der Forschung stehen nicht mehr klimaneutrale Technologien, sondern die Anpassung an den unvermeidbaren Klimawandel.
Gibt es ausreichend Nahrung und sauberes Trinkwasser für alle Menschen?
Ja. Obwohl mittlerweile 9,5 Milliarden Menschen auf der Erde leben und der Klimawandel in bestimmten Weltregionen zu höherer Trockenheit geführt hat, stirbt kein Mensch mehr an Unterernährung oder an Krankheiten, die durch verseuchtes Trinkwasser übertragen werden. Die Digitalisierung hat zu einer zweiten grünen Revolution geführt. Die Erträge pro Hektar stiegen um ein Mehrfaches. Das Geheimnis: Über Aussaat, Pflanzenschutz und Bewässerung entscheidet kaum mehr ein menschlicher Bauer. Mit Hilfe Künstlicher Intelligenz wird meist jeder einzelne Quadratmeter und jede einzelne Pflanze so gehegt, wie es der optimale Ertrag bei minimalem Ressourceneinsatz erfordert. Sauberes Trinkwasser hingegen ist vor allem eine Frage des Energieeinsatzes. Schon vor dreißig Jahren waren hinreichend viele Technologien bekannt, die es ermöglichen, Trinkwasser aus Meerwasser oder bakteriell verunreinigten Binnengewässern zu gewinnen. Der entscheidende Unterschied besteht heute darin, dass solche Verfahren – ebenso wie die dafür einzusetzende Energie – sehr, sehr kostengünstig geworden sind.
Konnte die medizinische Versorgung entscheidend verbessert werden?
Ja. In den 2020er-Jahren erfolgte endlich ein Paradigmenwechsel in der Medizin. Nicht mehr die Behandlung von Krankheiten, sondern die Erhaltung der Gesundheit steht seither im Mittelpunkt des ärztlichen Handels. Auch hier spielt die Digitalisierung eine entscheidende Rolle: Individuelle Gesundheitsrisiken können mit Hilfe Künstlicher Intelligenz frühzeitig erkannt werden. Das Smartphone als individuelle Gesundheitsmanager in der Tasche jedes Menschen analysiert nicht nur das Verhalten, sondern weist auch permanent darauf hin, was man besser machen könnte. Und wo dennoch Therapien notwendig sind, wird der größte Teil von Mikrorobotern übernommen, die sich in den Blutbahnen des Menschen bewegen und Wirkstoffe direkt dorthin bringen, wo sie benötigt werden. Auch Mikro-OPs sind seit einigen Jahren möglich. Die Folge: Das Durchschnittsalter ist in allen Weltregionen deutlich angestiegen. Ein heute in Afrika geborenes Kind hat die gleiche Lebenserwartung wie ein Kind, das in Europa zur Welt kommt.
Was ist der wichtigste Grund für Erfolg oder Scheitern in den großen Menschheitsfragen?
Dass die Menschheit in der ersten Hälfte des 21. Jahrhunderts so große Fortschritte gemacht hat, ist nicht nur die Folge einer rasanten technischen Entwicklung, sondern vor allem auch der Bildung. Die 17 globalen Ziele (https://www.globalgoals.org), die sich die Menschheit im Jahr 2015 unter Führung der Vereinten Nationen gesetzt hat, sind zum Allgemeingut geworden. Jedes Kind weltweit lernt die Ziele bereits in der Grundschule kennen. Kinder ohne zehnjährige Schulbildung gibt es nicht mehr. Nach und nach haben immer mehr Politiker und Unternehmensführer ihr Handeln an diesen Zielen ausgerichtet. Nicht zuletzt hat sich der konsequente Umstieg auf nachhaltiges Wirtschaften für die Industrie ausgezahlt.
Mehr als ein Jahr lang hat der Technologie-Blogger Nero im Auftrag von Essential online die Welt des Jahres 2046 erkundet. Damit läuft unsere Science-Fiction-Serie vorerst aus. Ein endgültiger Abschied muss das nicht sein. Denn auch hier gilt: Die Zukunft ist offen.
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