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REISE IN DIE ZUKUNFT
Jeden Monat finden Sie hier eine neue Folge der ESSENTIAL Science-Fiction-Serie Reise in die Zukunft. In einer fiktiven Welt, in der die Ziele des Pariser Klimaabkommens Wirklichkeit geworden sind, erkundet Blogger Nero den möglichen technologischen und gesellschaftlichen Wandel. Ziel der Serie ist es, möglichst kreativ mit ganz unterschiedlichen Visionen zu spielen, und den Leser mitzunehmen auf ein Gedankenexperiment: Wie könnte unsere Zukunft aussehen – und was bedeutet das für uns?
Science-Fiction-Kurzgeschichten: Staffel 2, Folge 5
Wüstes Spiel
Datenskandal in Las Vegas: Mehrere Casinobetreiber haben mit Hilfe von Überwachungstechnik und Künstlicher Intelligenz ihre Kunden betrogen. Ironischerweise wurde der Skandal durch den Einsatz Künstlicher Intelligenz aufgedeckt. Auf den Spuren der Datenaktivistin Hanna Karlsen schaut sich Blogger Nero in der Wüstenstadt um.
Reisen auf die bequeme Art: Die 2.500 Meilen von New York City nach Las Vegas bewältige ich heute mit dem Hyperloop. Zwar braucht die Kapsel dafür immerhin drei Stunden, aber von den Parabelflügen war mir in letzter Zeit häufiger schlecht geworden. Und im Hyperloop kann man wunderbar arbeiten. „Avar, bitte stelle mir alle Dokumente zusammen, die Hanna Karlsen zum Datenskandal in Las Vegas veröffentlicht hat“, bitte ich meine KI-Assistentin. „Gerne, Nero“, antwortet sie knapp und legt los. Die Datenaktivistin Hanna Karlsen war kürzlich tot aufgefunden worden. Zwar geht die Ermittlungs-KI der Polizei von einem Suizid aus, doch Karlsen hatte mir gegenüber noch ihre Befürchtung geäußert, das System werde zurückschlagen. Da sie maßgeblich an der Aufdeckung des Datenskandals beteiligt war, bat mich der ermittelnde Inspector Lee, in Las Vegas nach Hinweisen zu suchen.
Wärmesensoren am Roulette-Tisch
Je länger ich die Artikel von Karlsen lese, umso deutlicher wird das Ausmaß des Betrugs. Schon seit langer Zeit sind überall in Las Vegas Kameras, Mikrofone und andere Überwachungsgeräte installiert. Die damit gesammelten Daten haben mehrere Casinobetreiber missbraucht, um ihre Kunden über den Tisch zu ziehen. Mit Hilfe von Gesichtserkennung erstellten sie Bewegungsprofile und mit Hilfe Künstlicher Intelligenz detaillierte Psychogramme ihrer Kunden. Die ergänzten sie mit Echtzeit-Daten. So waren an den Roulette-Tischen Wärmesensoren angebracht, die die Körpertemperatur der Spieler überwachten, Feuchtigkeitssensoren ermittelten den Handschweiß an den Jetons. Das Ergebnis waren genaue Prognosen darüber, was die Kunden als Nächstes tun würden. Nach Karlsens Erkenntnissen war es sogar möglich, mit einer Wahrscheinlichkeit von mehr als 90 Prozent vorherzusagen, ob ein Spieler auf „Gerade“ oder „Ungerade“ setzt. Die Mitarbeiter der Casinos bekamen auf dieser Grundlage genaue Handlungsanweisungen. So bestimmte die KI-Software zum Beispiel das genaue Timing, wann der Ball eingeworfen wird, um die Gewinnchancen der Spieler zu senken.
Höhlensystem aus Rechenzentren
Die dafür erforderliche Computing Power gibt es in Las Vegas wie Sand in der Wüste. Die Metropole in Nevada hat sich längst auch zur KI-Hauptstadt der Welt entwickelt, nirgendwo ist die Computing Power pro Quadratkilometer höher als hier. Zwar zeugen bunte LED-Lichter und viele Casinohotels am Las Vegas Strip noch immer von der Geschichte der Stadt als Spielerparadies, aber unter der Stadt ist ein ganzes Höhlensystem aus Rechenzentren entstanden. Die sind unter die Erde verlegt, um die Quantencomputer vor der sengenden Hitze zu schützen.
Ich schaue aus der Hyperloop-Kapsel durch die virtuellen Fenster, die mit Hilfe von Kameras und Zeitlupenfunktion einen Blick in die Außenwelt bieten. Vor den Toren der Stadt sind Hunderte Quadratkilometer Wüstensand mit Solarfolien bedeckt, die den Strom für die energiehungrigen Computer liefern. Die „Green AI“ – also nachhaltige KI – „made in Vegas“ ist weltweit zu einem Vorbild geworden. Auch die Wasserversorgung wurde umgestellt, nachdem der Lake Mead ausgetrocknet war. Riesige Pumpen fördern Meerwasser jetzt durch Pipelines in die Wüste, wo es mit Hilfe von Verdunstung und unter dem Einsatz mehrerer Ionenfilter entsalzt und aufbereitet wird. Während ich noch einen Blick auf die mit Membranen bedeckten Verdunstungsbecken werfe, kündigt Avar die bevorstehende Ankunft in Las Vegas an.
Eine KI entlarvt die andere
Hier will ich mich mit Peter Cunning, dem Chef der Steuerbehörde der Nordamerikanischen Konföderation treffen, die sich wegen der gigantischen Computing Power vor einigen Jahren in der Stadt angesiedelt hat. Diese Steuerbehörde war es auch, die nach Hinweisen von Hanna Karlsen den Datenskandal aufdeckte: Nachdem die Steuerfahndungs-KI die Gewinnentwicklung mehrerer Casinos verglich, entdeckte sie Ungereimtheiten. Der Zeitverlauf der Gewinne von einem halben Dutzend Casinos passte nicht zu dem der anderen, obwohl alle möglichen Nebeneffekte bereits herausgerechnet waren. Die Fahndungs-KI kam zu dem Ergebnis, dass nur eine andere KI dahinterstecken könnte. Den Casinos war es aber schon seit vielen Jahren verboten, KI-Software zu nutzen. Allein die räumliche Nähe der Rechenzentren zu den Casinos wurde von Verbraucherschützern schon von Anfang an bemängelt.
Die Steuerbehörde ist in einem schwarzen Mehrschichten-Gebäude untergebracht. Diese Bauform kenne ich aus heißen Gegenden: Die Hitze wird absorbiert und dann mit Verdampfung und dem Einsatz mehrerer Wärmetauscher zur Kühlung verwendet. Der dafür notwendige Solarstrom kommt direkt aus der Fassade, die auch als Energiespeicher wirkt. Peter Cunning winkt mir schon am Eingang. Wir reichen uns die Hand.
„Ist schon ein Ding, dass die eine Künstliche Intelligenz eine andere enttarnt“, sage ich anerkennend.
„So ist es“, bestätigt Peter. „Den Skandal konnte unsere KI aber auch nur mit Hilfe der Quantencomputer aufdecken. Nur mit dem Grover-Algorithmus war es uns möglich, die extrem großen Datenbanken der Casinobetreiber zu durchforsten.“
„Welche Rolle spielte der Hinweis von Hanna Karlsen?“, frage ich.
„Auch der war entscheidend.“ Peter denkt kurz nach. „Unseren Quantencomputern ist übrigens noch etwas anderes aufgefallen.“
Ich schaue Peter fragend an.
„Wir haben die Signale der Retro-Smartwatch aufgefangen, die Hanna bei ihrem letzten Besuch am Handgelenk trug. Die Diebstahlsicherung schlug ständig Alarm. Und unsere Rechner stellten fest, dass diese Diebstahlsicherung die Smart Health-Algorithmen der Smartwatch gravierend beeinträchtigten.“
„Das ist merkwürdig“, sage ich. „Ich werde Inspector Lee darüber informieren.“
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