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Eine grüne Maschine in einer Fabrik mit der Aufschrift Arburg Allrounder 470E.

Planen neuer Fertigungslinien leicht gemacht

Freudenberg Sealing Technologies hat damit begonnen, bestehende Fertigungslinien mit einer Visualisierungs- und Simulationssoftware neu zu planen. Die ersten Eindrücke sind positiv, die Aussichten vielversprechend.

Armin Hermann leitet bei Freudenberg Sealing Technologies leidenschaftlich gerne das Werkstofflabor am Standort Schwalmstadt. Als solcher trägt er in dem nördlich von Frankfurt/Main gelegenen Werk dazu bei, anspruchsvolle Hydraulik- und Pneumatikdichtungen zu produzieren. Aktuell ist Hermann allerdings in einer weiteren Funktion gefordert. Als Projektleiter plant er einige Fertigungslinien in der Produktion von Grund auf neu. Dabei arbeiten Mitglieder seines Teams mit einer Planungssoftware, die ihn regelrecht begeistert: „Von den Möglichkeiten, die das Tool bietet, haben wir bislang nur träumen können“, bekennt Hermann. „In der Vergangenheit haben wir neue Fabriklayouts mit statischen zweidimensionalen CAD-Werksmodellen geplant.“ Das neue Tool ermöglicht hingegen eine 3D-Simulation der neu zu gestaltenden Produktionsflächen, wobei sich der Platzbedarf für Produktionsprozesse und Wartungsarbeiten ebenso abbilden lässt, wie die Einsatzwege von Automated Mobile Robots (AMR).

Alles im Fluss: Spritzgießmaschinen, Cobots und mobile Roboter sollen einen reibungslosen und automatisierten Materialfluss in der Fertigung garantieren.

Tücken in der Planung sofort erkennbar

Das Tool, von dem Hermann so angetan ist, ist eine Visualisierungs- und Simulationssoftware von Visual Components. Das in Finnland gegründete Unternehmen gehört inzwischen zum KUKA-Konzern. Die Software simuliert, wie die Fertigung und alle damit verbundenen Prozesse zusammenwirken. Die Basis dafür ist das Einspeisen aller relevanten Daten zum Gebäudegrundriss sowie den darin vorgesehenen Anlagen und den Herstellungsprozessen. „Eine derart erstellte Simulation sagt mehr als 1.000 Worte“, unterstreicht Hermann den Mehrwert des Tools. „Wir können sofort und für jedermann nachvollziehbar zeigen, wo Tücken und Fallstricke bei einer Planung lauern. Das Tool erlaubt es uns, frühzeitig den richtigen Weg einzuschlagen und somit neben Zeit auch Kosten zu sparen.“

Mitverantwortlich für die Einführung der Visualisierungs- und Simulationssoftware ist Alexandra Krupp, Director Global Process Development, Technology & Innovation bei Freudenberg Sealing Technologies. Für sie liegen die Vorteile der Software ebenfalls auf der Hand. „Das Tool verknüpft diverse Flussbeziehungen miteinander. Das heißt, entscheidende Fertigungsparameter wie Materialfluss, Personenfluss und Informationsfluss lassen sich berücksichtigen und möglichst ideal aufeinander abstimmen.“ Für Krupp zeigt sich bereits nach den ersten Erfahrungen, dass Freudenberg Sealing Technologies mit der neuen Software eigene Fabriklayouts deutlich besser planen und anpassen kann. „Bislang haben wir in solchen Projekten zunächst die Grundlagen ermittelt, bevor wir verschiedene Varianten der Gebäude, Flächen und Produktionslinien erstellt haben. Am Ende haben wir anhand definierter Kriterien die beste Variante aus Kartons nachgebaut.“ So entstand zwar ein räumlicher Eindruck von den Verhältnissen, aber eben ganz ohne Simulationen, die das Zusammenspiel aller relevanten Prozesse direkt vor Augen führen.

Simulierte Videos anstelle von statischen Ansichten

Dieses Manko behebt das Visualisierungs- und Simulationstool. Es zeigt die Produktionsprozesse im Video, und führt dabei vor Augen, wie etwa die Wendekreise der Roboterarme verlaufen oder die Wege, die ein AMR zur Anlage zurücklegt. So spielen sich alle Aktionen von Maschinen aber auch von Mitarbeitenden leicht nachvollziehbar ab. Änderungen lassen sich bequem per Drag and Drop durchführen. „Daneben erkennen wir sofort, wie zugänglich eine Maschine sein muss, um Wartungsarbeiten problemlos zu ermöglichen“, weiß Krupp. Das gilt auch für den Platzbedarf von Hebevorrichtungen, die beim Ein- und Ausbau von Werkzeugen in den Anlagen benötigt werden. „Und wir sehen, wie Leitungen am Boden verlaufen sollten, damit diese einen AMR nicht blockieren“, ergänzt Hermann. „Zugleich zeigt uns die Visualisierungssoftware, wo uns der Verlauf von Lüftungsrohren beim Bau von Anlagen in der Höhe einschränken.“ Eine solche Video-Simulation stellt demnach einen entscheidenden Vorteil gegenüber der bislang üblichen statischen Planung dar.

Die Software hilft darüber hinaus den Verantwortlichen bei Freudenberg Sealing Technologies, frühzeitig Anpassungsbedarf an den zu beziehenden Anlagen bei den Herstellern anzumelden. Etwa bei Anschlüssen oder Einhausungen, die so anzubringen sind, dass Wartungsarbeiten nicht unnötig erschwert werden. Dabei helfen die Visualisierungen und Simulationen gegenüber den Anlagenbauern, Missverständnisse zu vermeiden.

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Das Tool erlaubt es uns, frühzeitig den richtigen Weg einzuschlagen und somit neben Zeit auch Kosten zu sparen.

Armin Hermann, Leiter Werkstofflabor Schwalmstadt bei Freudenberg Sealing Technologies

Freudenberg Sealing Technologies könnte das Tool auch für die Planung komplett neuer Fabriken, sogenannte Greenfields, nutzen, die sprichwörtlich auf der grünen Wiese entstehen. Fürs Erste sollen sie jedoch für die Neukonzeption bestehender Produktionsstätten, die Brownfields, genutzt werden. Mitte 2024 setzte das Unternehmen das Tool erstmals ein. Bei der Neugestaltung einer Fertigung im türkischen Bursa zeigte die Simulation leicht nachvollziehbar, was anzupassen war, um die Zugänglichkeit der Maschinen und den Einsatz von Staplern zu gewährleisten.

Möglichst reibungsloser Fertigungsprozess

In Schwalmstadt erleichtert die Software derweil Labor- und Projektleiter Hermann die Planung neuer Fertigungslinien. „Wir verfolgen dabei mehrere Ziele. Wir wollen die Fertigungsprozesse weiter automatisieren, dabei Energie einsparen und die Nachverfolgbarkeit unserer Produkte optimieren“, verdeutlicht Hermann. Zukünftig sollen AMR, Cobots und Mitarbeitende ideal zusammenwirken, um einen durchweg reibungslosen Produktionsprozess zu gewährleisten. Bislang greift der Mensch in den Fertigungsprozess ein, da er die gefertigten Teile aus mehreren Fertigungszellen entnehmen muss, um sie zu sogenannten Batchöfen zu transportieren, die an anderer Stelle stehen und in denen die Dichtungen nachgeheizt werden. Das heißt, die Maschinen müssen immer wieder eine Weile stillstehen. Hinzu kommen ergonomische Faktoren: Die Mitarbeitenden bewegen bei diesem Vorgang im Laufe eines Tages mehrere Tonnen Material aus der Fertigungszelle. Eine enorm fordernde Aufgabe.

Mehr als 1.000 Worte: Wendekreise von Roboterarmen, Einsatzwege von Automated Mobile Robots (AMR) sowie die Zugänglichkeit der Anlagen für Wartungen. Alles lässt sich mit der Visualisierungs- und Simulationssoftware vor Augen führen und optimieren.

Zukünftig soll sich das ändern, indem jede Fertigungszelle über einen kleinen energiesparenden Nachheizofen verfügt. Produktion und Nachheizen erfolgen somit an Ort und Stelle, ohne dass ein Mensch eingreifen muss und so Stillstand erzeugt. Das Visualisierungs- und Simulationstool hilft dabei, die ideale Anordnung der Maschinen und Cobots sowie die bestmögliche Umgestaltung der Fläche zu finden. So könnte dann ein AMR zu vorgegebenen Zeiten Kunststoffteile aus dem Lager zur Fertigungszelle bringen, wo ein Cobot sie entgegennimmt und der Spritzgießmaschine zuführt. Anschließend entnimmt er die produzierten Teile und übergibt sie dem Nachheizofen, bevor ein AMR die fertigen Dichtungen zur berechneten Zeit abholt und ins Lager bringt. Die Automatisierung wäre perfekt, denn alle Prozessschritte wären ohne weiteres Zutun im Fluss. Anstelle einer Blockabfertigung würde die Produktion per sogenanntem Single Piece Flow erfolgen. Kürzere Durchlaufzeiten und eine einfachere sowie transparentere Steuerung wären möglich.

Mit den ersten Resultaten der Planung sind Hermann und Krupp sehr zufrieden. Der Umbau der ersten von sechs Fertigungslinien hat virtuell Gestalt angenommen und wird 2025 realisiert. Die Integration der Nachheizöfen in die Fertigungszellen bedeutet zugleich eine Entlastung an anderer Stelle. Bisher fallen allein für die Dokumentation des Nachheizens in den zentralen Batchöfen 23.000 DIN-A4-Seiten Papier pro Jahr an. Schließlich muss jede Dichtung zugewiesen werden und nachverfolgbar sein. Das wird dank Single Piece Flow künftig deutlich schlanker verlaufen, da Produktion und Nachheizen vollständig innerhalb eines geschlossenen Prozesses in einer Fertigungszelle erfolgen.

Die neue Visualisierungs- und Simulationssoftware trägt also bereits erste Früchte. „Das Tool hilft uns enorm dabei, unsere Fertigung auf die nächste Stufe zu heben“, resümiert Krupp. „Die Simulationen führen alle relevanten Produktionsprozesse vor Augen, lassen sich im Nu anpassen und verschlanken so unseren Planungsprozess. Am Ende haben wir in Schwalmstadt einen optimierten Materialfluss, somit einen effizienteren Energieeinsatz und eine singuläre Nachverfolgbarkeit unserer Produkte in der Fertigung. Alles folgt dem Gedanken eines automatisierten Single-Piece-Flow.“

Von digitalem Zwilling bis virtueller Punktewolke

Das Visualisierungs- und Simulationstool verspricht derweil, weitere Mehrwerte für Freudenberg Sealing Technologies zu generieren. Aus den in der Produktion erhobenen Daten ließe sich ein digitaler Zwilling der Fertigungslinie erstellen, der beispielsweise mögliche Fehler oder Wartungsmaßnahmen frühzeitig erkennt. Alexandra Krupp kann sich sogar vorstellen, eine komplette Produktionshalle mithilfe eines 3D-Scanverfahrens als virtuelle Punktewolke darzustellen. Mit dieser Datenbasis könnte die Software künftige Automatisierungsvorhaben viel umfassender und noch zügiger darstellen sowie planen.

Doch fürs Erste arbeitet Armin Hermann mit seinem Team in Schwalmstadt weiter zielstrebig daran, sämtliche zu erneuernden Fertigungslinien zu planen und zu realisieren.

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