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Vision-Control-System

Vernetzte Fabrik: Die Macht der Digitalisierung

Ein Unternehmen, das zukunftsfähig sein will, sollte zuallererst den Blick nach innen wenden. Denn Firmen wie Freudenberg Sealing Technologies produzieren heute nicht nur Waren, sie generieren dabei auch reichlich Daten. Diese richtig zu interpretieren, wird ein entscheidender Faktor für den weiteren Unternehmenserfolg sein.

Oliver Müller ist Vice President Digital Systems for Product Engineering and Manufacturing bei Freudenberg Sealing Technologies, und er hat eine klare Meinung: „Wer sich den Vorteilen von Digitalisierung und Automatisierung verschließt, der wird als Unternehmen über kurz oder lang keine Chance haben.“ Er untermauert seine Aussage mit einem Beispiel. „Kodak war jahrzehntelang Weltführer bei Kameras und hatte vor rund 50 Jahren schon eine digitale Variante entwickelt. Dennoch haben sie zu spät erkannt, dass das die Zukunft der Fotografie sein wird und den Trend der Digitalisierung verschlafen. Aus einem Global Player wurde ein Insolvenzfall.“

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Wer sich den Vorteilen von Digitalisierung und Automatisierung verschließt, der wird als Unternehmen über kurz oder lang keine Chance haben

Oliver Müller, Vice President Digital Systems for Product Engineering and Manufacturing Freudenberg Sealing Technologies

Freudenberg Sealing Technologies will ein solches Schicksal vermeiden. Der Dichtungsexperte aus Weinheim behauptet sich mit seinen leistungsfähigen und innovativen Produkten bis heute sehr gut am Markt. Um diese Stellung nicht zu gefährden, muss das Unternehmen laut Müller aber den Weg der digitalen Transformation gehen. Dabei ist es für ihn zentral, nicht nach dem Top-down-Prinzip zu verfahren. „Digitalisierung ist für uns eine Vision, die wir aber keinem unserer weltweit rund 60 Produktionsstandorte einfach so aufoktroyieren können und wollen. Wir müssen uns darüber verständigen, wohin unser Weg führen soll und dabei Ideen aus unseren Werken einfließen lassen.“

Rohölquelle: Vice President Oliver Müller vergleicht die gewonnenen Daten mit Rohöl, die wie in einer Raffinerie angereichert werden müssen, um zu verwertbaren Erkenntnissen zu kommen.

Daten nutzen wie Rohöl: Von der Quelle in die Raffinerie

Dennoch braucht es natürlich Entscheidungen durch das Management, die die Grundlagen legen. Bei Freudenberg Sealing Technologies geschieht dies im Projekt „Ready“. In den Produktionsstätten werden Sensorik, WLAN-Erweiterungen und höhere Bandbreiten immer wichtiger. Der erste von mehreren Bausteinen lautet deshalb „Ready to Connect“. Damit ist die flächendeckende und konsequente Vernetzung von Produktionsstätten und Maschinen auf der Basis eines einheitlichen IT-Standards gemeint. Somit schafft Freudenberg Sealing Technologies die Voraussetzungen, Daten in Echtzeit zu gewinnen. „Unsere Werkshallen und Maschinen sind für uns wie eine riesige Rohölquelle“, verdeutlicht Müller. „Sie produzieren beständig Daten, die wir gewinnen und dann aber auch richtig verstehen sowie interpretieren müssen. Für uns bedeutet das, wir müssen mit den Daten umgehen, wie eine Raffinerie mit Rohöl. Wir müssen sie bearbeiten und anreichern. Wenn wir sie miteinander in Beziehung setzen, dann kommen wir mithilfe von Algorithmen und Simulationen zu verwertbaren Erkenntnissen.“ Mit diesen lassen sich in den Fabrikhallen bessere Entscheidungen treffen denn je. „Das hilft uns, wettbewerbsfähig zu bleiben“, ist Müller überzeugt.

Weitere zentrale „Ready“-Bausteine sind für Freudenberg Sealing Technologies „Ready to Innovate“ und „Ready to Operate“. Ersteres soll IT-versierte Mitarbeitende ansprechen, die mithilfe eines Werkzeugkastens für ihren Produktionsstandort sinnvolle Applikationen entwickeln, die die Technologisierung vorantreiben. Um Insellösungen zu vermeiden, werden die Anwendungen auf einer einheitlichen Software-Landschaft realisiert. Währenddessen fokussiert sich „Ready to Operate“ darauf, dass die IT genauso stabil laufen muss, wie die Maschinen in der Produktion. Zudem wird bei alledem der Faktor IT-Sicherheit großgeschrieben.

Vernetzung und IT-Eigenentwicklungen werden mehr Automatisierung in die Produktion bringen. Etwas, was bei den dort Arbeitenden auch für Verunsicherung sorgt. „Ich kann verstehen, wenn Mitarbeitende in der Produktion die Digitalisierung skeptisch betrachten“, sagt Müller. „Denn Maschinen werden immer mehr Prozesse eigenständig übernehmen. Deshalb gilt es, den Prozess der vernetzten Fabrik als Unternehmen kommunikativ zu begleiten und dabei die Vorteile aufzuzeigen. Letzten Endes müssen wir uns der Realität stellen: Wenn uns die digitale Transformation schlechter gelingt als dem internationalen Wettbewerb, dann sind heute noch rentable Standorte gefährdet und damit unser Unternehmenserfolg als Ganzes.“

Digitalisierung - eine Vision, die die Wettbewerbsfähigkeit von Freudenberg Sealing Technologies gewährleisten soll.

Die vernetzte Fabrik nimmt Gestalt an

Doch wie schlägt sich das Prinzip der vernetzten Fabrik bei Freudenberg Sealing Technologies schon heute nieder? „Bei der Vernetzung in der Produktion sind wir schon gut, beim digitalen Shopfloor-Management sogar noch besser“, bewertet Müller die bereits erzielten Fortschritte. Was er damit meint, ist die Verknüpfung der gewonnen Daten mit IT-Systemen wie MSCADA. Das auf die eigenen Bedürfnisse angepasste Programm ist bereits in mehreren Produktionsbereichen aktiv. In Echtzeit ist nicht nur im Detail erkennbar, wie der Produktionsprozess läuft, sondern auch in welchem Zustand eine Maschine ist, beziehungsweise wie effektiv sie arbeitet. Dabei fließen Daten der Maschinen, aber auch der sie umgebenden Halle zusammen, die von Sensoren schnell und einfach erhoben werden und die über Gateways angebunden sind. So sind im Bedarfsfall sofort Maßnahmen ab- und einzuleiten. Etwa indem die Umgebungstemperatur angepasst wird, damit sie die Herstellung sensibler Werkstoffmischungen nicht negativ beeinflusst. Oder auch indem Maschineneinstellungen nachjustiert werden. Solche Schritte wären früher gar nicht oder erst spät – womöglich zu spät – erfolgt, denn die dafür maßgeblichen Daten wären nicht erfasst worden. Vernetzung ermöglicht also im Verbund mit einer Plattform wie MSCADA effiziente Prozess- und Produktoptimierungen.

Zu Diensten: Autonome mobile Roboter wie dieser holen gefertigte Erzeugnisse in der Produktion ab und bringen sie selbstständig ins Lager.

Daneben beschreitet Freudenberg Sealing Technologies den Weg der Digitalisierung und Automatisierung in weiteren Bereichen. In einem Rohmischwerk und einigen formgebenden Produktionen holen autonome mobile Roboter bereits die Erzeugnisse ab und fahren sie selbstständig ins Lager. Noch erfolgt dies auf „Zuruf“ von Mitarbeitenden. Die Entwicklung wird aber dahingehen, dass die Produktionsmaschine den Roboter eigenständig anfordert. Schon befasst sich Freudenberg Sealing Technologies mit einer Kombilösung, bei der die Roboter mit einem Cobot bestückt werden, der die frisch gefertigten Produkte selbstständig greift, in ein Behältnis legt und dann mit dem Roboter ins Lager fährt.

Auch bei der Qualitätssicherung spielt die Digitalisierung eine zentrale Rolle. Freudenberg Sealing Technologies hat ein Vision-Control-System entwickelt, das fehlerhafte Teile erkennt und aussortiert. Das Beispiel steht für das Potenzial, das digitale Produktionsprozesse bieten: „Es ist für uns keine Frage, dass wir digitalisieren. Die Frage ist lediglich, wann wir was wie schnell angehen“, betont Müller. Schnell dran sein musste das Unternehmen etwa bei der Nachweispflicht der Daten zu ihren Produkten. Darunter ist das Zurückverfolgen von Produktionsschritten zu verstehen. Dank Digitalisierung lassen sich Inhaltsstoffe und Qualität eines Produkts mit Daten aus der Produktion nachverfolgen.

Der Faktor Mensch

IT ist demnach in der Produktion ein immer gewichtigerer Faktor. Das bedeutet zugleich, dass Freudenberg Sealing Technologies versierte Entwickler benötigt, die eigene digitale Lösungen – wie das Vision-Control-System – erschaffen können. Zugleich muss das IT-Verständnis in der übrigen Belegschaft wachsen. Denn eine Transformation beinhaltet, dass auch Mitarbeitende in der Produktion derart fortzubilden sind, dass sie die Vorteile einer digitalen Fabrik richtig zur Geltung bringen. „Auch hier gilt es für uns, unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mitzunehmen“, so Müller. „Mit eigenen IT-Experten sowie Trainingsprogrammen und Community Development für Mitarbeitende in der Produktion untermauern wir unser Ziel der vernetzten Fabrik. Zudem beugen wir der demografisch absehbaren Personalknappheit vor und machen uns unabhängiger von Externen.“

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Es ist für uns keine Frage, dass wir digitalisieren. Die Frage ist lediglich, wann wir was wie schnell angehen.

Oliver Müller, Vice President Digital Systems for Product Engineering and Manufacturing Freudenberg Sealing Technologies

Kleine Helfer: Mit solchen Sensoren erfasst Freudenberg Sealing Technologies die Temperatur und Luftfeuchtigkeit in den Produktionsstätten.

Dass Mitarbeitende die Vorteile digitaler Lösungen bereitwillig annehmen, zeigt das Beispiel der HoloLens Brillen. Sie bewähren sich bereits an mehreren Standorten, wobei die Zwänge der Corona-Pandemie dazu beigetragen haben, sehr viel schneller standortübergreifend auf sie zurückzugreifen. Mit diesen Mixed-Reality-Brillen lässt sich die reale Umgebung mit virtuellen Inhalten und Informationen verknüpfen. Oder es können interaktive, dreidimensionale Projektionen in einer realen Umgebung dargestellt werden. Darüber hinaus ist ein in der Produktion tätiger Mitarbeitender imstande, sich mit einem zweiten an einem anderen Standort zu verknüpfen und von ihm anleiten zu lassen, denn sie haben dank HoloLens das gleiche Szenario vor Augen. Ein lösungsorientierter und zeitsparender Prozess.

Was die Digitalisierung angeht, so sieht Müller Freudenberg Sealing Technologies auf einem guten Weg, wenngleich dieser einem Marathon gleicht. Wichtige Impulse sind bereits erfolgt, erste konkrete Schritte zurückgelegt. Damit genau das eintritt, was Müller wichtig ist: „Es geht im Endeffekt darum, dass wir unsere Produktion immer weiter optimieren. Dabei helfen uns Datenerhebung und -auswertung. Zudem wird uns die Digitalisierung massiv dabei helfen, neue Produkte gleich richtig zu entwickeln. Dank unserer Daten, IT-Systeme und Algorithmen, die uns die Entscheidungsfindung erleichtern. Und dann bleiben wir als Unternehmen auch relevant.“

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