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Hand in Hand mit dem Cobot
Manche haben zwei Arme, manche nur einen. Sie rollen durch Fabrikflure oder thronen auf einem Podest. Immer häufiger arbeiten Roboter mit Menschen zusammen und nehmen ihnen monotone Tätigkeiten ab. Anders als klassische Industrieroboter sind Cobots klein, leicht und wendig. Auch in der Simmerring®-Endmontage im Weinheimer Stammwerk von Freudenberg Sealing Technologies sind mittlerweile Cobots im Einsatz.
Auf den ersten Blick wirkt er recht unscheinbar, der neue Kollege in der Simmerring®-Endmontage. Weder dreht er seinen Kopf um 180 Grad wie R2-D2 in Star Wars noch spricht er mit blecherner Stimme. Stattdessen thront er auf einem Podest, das er nicht verlassen kann. Sein Körper besteht eigentlich nur aus einem Arm. Den kann er immerhin auf sieben Achsen bewegen, außerdem ist er mit einem Greifer ausgestattet. Mit zwei Kameras – eine davon in unmittelbarer Nähe des Greifers – nimmt er seine Umwelt wahr. Und er hat zwar keinen Kopf, ist aber mit einem Monitor ausgerüstet. Schaltet man ihn ein, dann erscheint sogar ein Gesicht, das beim Hochfahren noch die Augen geschlossen hat. Später blickt er dann sein Gegenüber mit großen, runden Augen an.
Der Cobot wacht auf und startet, wenn man ihn berührt.
Der neue Kollege in Weinheim ist ein Cobot. Roboter wie er wurden dafür erschaffen, mit dem Menschen zusammenzuarbeiten. Daher rührt auch sein Name: Cobot ist eine Abkürzung für den englischen Begriff „Collaborative Robot“. Hand in Hand mit dem Menschen zu arbeiten war Industrierobotern lange Zeit nicht möglich. Denn früher durften sie aus Sicherheitsgründen nur in Käfigen agieren. Cobots hingegen sind klein, leicht und wendig. Sie sind auf niedrige Lasten und Geschwindigkeiten ausgelegt.
Die ersten Exemplare ihrer Art wurden im Jahr 1996 an der US-amerikanischen Northwestern University entwickelt. Mittlerweile schicken sie sich an, die Werkhallen zu erobern. „Freudenberg Sealing Technologies hat Cobots derzeit an acht Standorten im Einsatz“, sagt Ralf Maisack, der im Bereich Technology & Innovation die strategische Entwicklung von Cobots vorantreibt. „So übernimmt am US-Standort Findlay ein stationärer einarmiger Roboter einfache Montageaufgaben. Im italienischen Luserna haben wir einen zweiarmigen Cobot im Einsatz, in Bristol und Newcastle außerdem mobile Cobots.“
Cobots eignen sich besonders gut für manuelle Tätigkeiten, die sich ständig wiederholen. Wenn sie den Werker davon entlasten, kann sich dieser mit höherwertigen Arbeiten befassen – und insgesamt steigt die Produktionsmenge. Einer der Cobots arbeitet zusammen mit einem menschlichen Kollegen in der Endmontage von Simmerringen und übernimmt vor allem zwei Aufgaben: Zuerst muss er eine Feder in einen Simmerring® montieren und dann das Ganze mit der richtigen Menge Fett befüllen. Das klingt zwar einfach. Weil der Cobot aber nicht genau für diese Aufgabe gebaut wurde, muss er dafür erst programmiert werden. Am Anfang ist der Mensch gefordert. Der Werker muss zu Beginn einer Schicht zunächst einmal alles vorbereiten und zum Beispiel die Fettmenge kontrollieren, die an der Applikationsstation eingebracht wird. Außerdem füllt er einen Vorrat an Simmerringen auf ein Stangenmagazin, das später über einen Spender dem Cobot die einzelnen Simmerringe übergibt. Wenn alles eingerichtet ist, gibt der Werker seinem Cobot das Startsignal. Übrigens sehr rustikal – indem er ihn anschubst.
Der Cobot ist mit Kraft- und Drehmomentsensoren ausgestattet. Wird sein Arm mit einer Kraft von mehr als 20 Newton berührt, wacht er auf und geht in die Arbeitsposition. Allzu rabiat muss man dabei also nicht sein – 20 Newton entsprechen der Erdanziehungskraft, die auf einen zwei Kilogramm schweren Gegenstand wirkt. Nach dem Hochfahren gilt es erst einmal, sich zu orientieren. Mit seinen Kameras sucht der Cobot deswegen nach Positionsmarkierungen, die in Form von QR-Codes an seiner Arbeitsstation angebracht sind. Auf diese Weise erkennt er, wo er sich gerade befindet. Dann fährt er mit seinem Arm über den Tisch, auf dem er später die fertigen Teile ablegen soll, um zu prüfen, ob keine Hindernisse im Wege stehen. Der Cobot ist grundsätzlich auf Kollision ausgelegt und würde auch einen Menschen leicht anrempeln. Das ist aber nicht gefährlich, weil er nur mit geringer Kraft und Geschwindigkeit arbeitet. Wenn seine Sensoren ein Hindernis erkennen, stoppt er sofort. Verschwindet das Hindernis wieder, arbeitet er erst einmal im Schleichbetrieb weiter, bis er sicher sein kann, dass das Hindernis wirklich vollständig verschwunden ist. Mit roten Linien sind die Bereiche von Cobot und Mensch genau markiert. Der Aktionsradius des Roboters ist dabei mit 1,20 Metern relativ begrenzt.
Vertrauen ist gut, Endkontrolle ist besser
Aber das reicht dem Cobot aus, um seine Arbeit zu erledigen. Erst greift er in einen Spender und entnimmt einen Simmerring® aus dem Stangenmagazin. Dann schwenkt er zu einer speziell entwickelten Arbeitsstation und drückt den Simmerring® auf einen Kegel, sodass die zu montierende Metallfeder genau an die gewünschte Stelle springt. Danach zieht der Cobot den Simmerring® wieder vom Kegel, bewegt ihn zur Befettungsanlage und drückt ihn formschlüssig auf einen Fettdorn. Das Entscheidende ist hier, dass der Cobot über ein Datenkabel mit der Maschinensteuerung verbunden ist.Dadurch kann er mit ihr kommunizieren und aktiv das Signal zum Befetten auslösen. Wichtig ist auch die Qualitätskontrolle nach dem Befetten: Erst wenn die Maschine meldet, dass der Vorgang fehlerfrei funktioniert hat, nimmt der Cobot den Simmerring® vom Fettdorn, schwenkt zu einem Ablagetisch und stapelt die fertigen Produkte dutzendweise auf. Dann ist wieder der Mensch gefragt, um die Endkontrolle durchzuführen und die Ringe zu verpacken.
Ein Cobot arbeitet nie alleine, sondern immer zusammen mit einem Menschen.
In der Weinheimer Endmontage läuft der Prozess inzwischen stabil und zuverlässig. Die Teamarbeit hat viele Vorteile: Der Werker kann sich auf das Einrichten der Produktion, die Qualitätskontrolle und das Verpacken konzentrieren und wird von den besonders monotonen Arbeiten entlastet. Bei ergonomisch ungünstigen Arbeiten spielen die flexiblen Cobots ihre Stärken aus, weil sie ihre Arme auf vielen Achsen bewegen und auch ungünstig gelegene Stellen erreichen. Die neuen Kollegen sind dabei nicht als Ersatz, sondern als Gehilfen der Werker im Einsatz. Ein Cobot arbeitet nie alleine, sondern immer zusammen mit einem Menschen. Da der Cobot aus Sicherheitsgründen in Tempo und Kraft limitiert ist, eignet er sich zwar nur für Arbeiten mit mittlerem Automations- und Komplexitätsgrad und erreicht bei seinen Tätigkeiten nur selten die Geschwindigkeit eines Menschen. In Summe aber steigt die Produktivität. In Weinheim sollen die Cobots deswegen zukünftig auch an weiteren Stellen in der Endbearbeitung von Simmerringen eingesetzt werden.
Dieser Beitrag stammt aus unserem Unternehmensmagazin „ESSENTIAL“, in dem wir kontinuierlich über Trends und Schwerpunktthemen aus unseren Zielindustrien und -märkten berichten. Weitere Beiträge des Magazins finden Sie hier.
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