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VinFast: E-Autos made in Vietnam
Südostasien ist eine Weltregion mit hohem Potenzial für E-Mobilität. Das junge vietnamesische Unternehmen VinFast steht mit einer breiten Produktpalette von Elektrofahrzeugen bereit. Und eilt mit riesigen Schritten voran.
Vinfast wurde vor nur fünf Jahren gegründet. Wie stellte sich die Lage zu Beginn dar?
Wir standen vor einer Menge Chancen und Herausforderungen. Seit Jahrzehnten haben wir die Vision einer unabhängigen Automobilindustrie mit einer globalen Wertschöpfungskette. Viele Länder profitieren davon. Bis vor Kurzem gab es in Vietnam jedoch keine unabhängige Automobilindustrie. Einige Unternehmen waren hier aktiv, aber sie importierten vorwiegend und montierten lediglich mit einer geringen Lokalisierungsrate. Ihre Herstellungskosten lagen höher als in anderen Ländern der Region, beispielsweise in Thailand und Malaysia. Die unterstützenden Industrien befanden sich noch in einem rudimentären Stadium. Kein einfaches Umfeld also.
Le Thi Thu Thuy
Le Thi Thu Thuy, bekannt als Madame Thuy Le, ist CEO von VinFast und stellvertretende Vorsitzende der Muttergesellschaft Vingroup. Sie wurde in der vietnamesischen Provinz Binh Dinh geboren und machte ihren Abschluss an der Außenhandelsuniversität in Hanoi. Ihren MBA erwarb sie an der International University of Japan und absolvierte außerdem ein Programm zum Chartered Financial Analyst (CFA). 2008 kam sie zur Vingroup. Im Jahr 2017 zeichnete sie für die erste in Vietnam eröffnete Automobilfabrik verantwortlich.
Wie ist ihr Unternehmen ins Spiel gekommen?
Vietnam gilt als einer der potentesten Automobilmärkte der Welt. Bis vor etwa fünf Jahren hatten gerade mal 23 von 1.000 Einwohnern ein eigenes Auto, und daran hat sich seither nur wenig geändert. Wir sehen es als großartige Möglichkeit, die Mobilität der Zukunft zu gestalten. Vingroup erkannte diese einzigartige Chance und nahm die Herausforderung an. Es wurde beschlossen, eine von Grund auf neue Fahrzeugmarke mit entsprechenden Produkten einzuführen: VinFast war geboren.
Würden Sie bitte die wichtigsten Schritte der vergangenen Jahre skizzieren?
Es war und ist eine Zeit mit hohem Tempo. VinFast wurde 2017 gegründet und brachte 2018 die ersten Fahrzeuge auf den Markt: Autos, damals noch mit Verbrennungsmotor, und E-Scooter. Ab 2021 folgten Elektroautos. Im Januar 2022 stellten wir als eines der ersten Automobilunternehmen der Welt komplett auf reinen Elektroantrieb um. Nur fünf Jahre nach dem Start haben wir uns einen festen Platz erobert und die Fähigkeiten der vietnamesischen Autoindustrie demonstriert. In der ersten Hälfte des Jahres 2023 haben wir mehr als 11.000 Elektroautos ausgeliefert.
Also zur richtigen Zeit am richtigen Ort?
Auf jeden Fall. Die gegenwärtige Elektrifizierung des Transports hilft uns außerdem. In einem frühen Stadium bietet das viel Raum für neue Marken. Wir bei VinFast betrachten dies als unsere Grundlage für die Vision, überall auf der Welt als Marke mit smarten E-Fahrzeugen präsent zu sein.
Was macht VinFast auf diesem Zukunftsmarkt wettbewerbsfähig?
Unser größter Vorteil ist, dass wir ein umfassendes und vielfältiges Ökosystem der Elektromobilität bieten. Das Angebot an Elektroautos deckt alle gängigen Segmente ab, vom Kleinwagen bis zum großen SUV. Hinzu kommen eine Reihe von E-Scootern, E-Busse, moderne Batteriesysteme und ein Netz von Ladestationen in ganz Vietnam.
Wie gehen Sie den Weltmarkt an?
Das erste von VinFast produzierte Elektroauto war ein kompaktes SUV ausschließlich für den Inlandsmarkt. Das änderte sich 2021 mit dem Modell VF 8, einem mittelgroßen SUV: Wir exportieren es in die USA und nach Kanada. Bislang wurden rund 3.000 Einheiten dorthin ausgeliefert, was wir als vielversprechenden Start betrachten. Wir sind auch in anderen Regionen aktiv, zum Beispiel in Europa, und haben mittlerweile mehr als 110 Showrooms weltweit eingerichtet.
Nach welchem Rezept entwickelt man heutzutage ein modernes Auto?
Das VinFast-Rezept besteht aus mehreren Faktoren. Zunächst einmal steht uns ein Team von rund 1.000 internen F&E-Experten aus Vietnam und weiteren Nationen zur Verfügung. Hinzu kommt ein Investitionskapital der Vingroup in Höhe von bisher 9,3 Milliarden US-Dollar für Geschäftsaktivitäten und Infrastrukturmaßnahmen. Ein zweiter Faktor ist das Technikökosystem der Vingroup: VinES erforscht und entwickelt Batterietechnologie, Aufladung und Recycling. VinAI und VinBigData arbeiten an KI- und Big-Data-Technologien, die in die Entwicklung intelligenter Fahrfunktionen einfließen.
Arbeiten Sie mit internationalen Zulieferern zusammen?
Ja, wir kooperieren mit branchenführenden Unternehmen, um Intelligenz global zu vernetzen, Spitzentechnologien in Produkte zu integrieren und die Entwicklungszeit zu verkürzen. Bosch, Siemens, Amazon und Intel sind einige davon. Bei Batterien kooperieren wir mit CATL, Gotion High-Tech und Prologium. Dank dieser Vorgehensweise ist VinFast in der Lage, Produkte herzustellen, die Standards auf der ganzen Welt entsprechen und zudem intelligente Funktionen enthalten, wie sie die Kunden wünschen, beispielsweise das Steuern des Smart Home oder mobile Office-Anwendungen.
Wer entwickelt das Fahrzeugdesign?
Das Design ist ein ganz wesentlicher Verkaufsfaktor. Der Stil muss die Fahrzeuge unverwechselbar und einzigartig machen. Dafür arbeiten wir mit renommierten Partnern zusammen, vor allem mit Pininfarina und Torino Design, die für die großartige italienische Tradition eines eleganten Autodesigns stehen. Unseren neuesten VF 3 haben wir gemeinsam mit dem australischen Studio Gomotiv entworfen.
Würden Sie bitte das Firmenlogo mit seinem "V" erläutern?
Es verbindet unsere eigene Ästhetik mit nationalen spirituellen Werten: Das „V“ steht für Vietnam und die Vingroup. Der charakteristische Lichtstreifen auf unseren Fahrzeugfronten verstärkt es. Wir möchten gerne als Vorbild für aufstrebende vietnamesische Marken gelten.
VinFast
VinFast ist ein 2017 in Vietnam gegründetes Automobilunternehmen mit Rechts- und Finanzhauptsitz in Singapur. Es gehört zur Vingroup, einem der größten privaten Mischkonzerne in Vietnam. Das Portfolio umfasst ausschließlich Elektrofahrzeuge und ist nicht nur auf Südostasien ausgerichtet – das Unternehmen versteht sich als globale Marke. Die Fabrik hat ihren Sitz in Haiphong und verfügt derzeit über eine Kapazität von maximal 300.000 Elektrofahrzeugen pro Jahr. VinFast bezieht etwa 60 Prozent seiner Komponenten im Inland von verschiedenen Lieferanten und baut auch eine entsprechende Produktion in Vietnam auf, beispielsweise für Batterien. Dadurch können Fertigungskosten und Produktpreise optimiert werden. Darüber hinaus will das Unternehmen in North Carolina in den USA eine weitere Fabrik bauen und prüft je nach Marktbedarf andere Standorte.
Wie schätzen Sie die derzeitige Marktdynamik ein?
Sie wird noch eine Weile anhalten, was wir begrüßen. Das ist die Grundlage, auf der VinFast seinen Erfolg aufbaut. Ich sehe eine vielversprechende Zukunft für Elektrofahrzeuge. Immer mehr Länder und Regionen setzen sich das Ziel, Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor aus dem Verkehr zu ziehen und elektrifizierte Fahrzeuge zu fördern. Davon werden unter anderem die Umwelt und die Städte profitieren.
Welche Ziele will VinFast in den kommenden Jahren erreichen? Gibt es definierte Etappenziele?
Eins haben wir in diesem Jahr bereits erreicht: das erfolgreiche Börsendebüt auf dem US-Markt. Die weiteren Ziele: Wir möchten erstklassige Elektrofahrzeuge in Premiumqualität fertigen, um die Anforderungen unserer Kunden weltweit zu erfüllen. Darüber hinaus ist uns wichtig, dass wir uns stark in den Schlüsselmärkten Nordamerikas und Europas positionieren und das Geschäft insgesamt ausweiten. Es gibt viel zu tun – und eine Menge Chancen.
Dieser Beitrag stammt aus unserem Unternehmensmagazin „ESSENTIAL“, in dem wir kontinuierlich über Trends und Schwerpunktthemen aus unseren Zielindustrien und -märkten berichten. Weitere Beiträge des Magazins finden Sie hier.
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