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„Hier steckt mächtig Bewegung drin“
Unterschiedliche erneuerbare Energieträger sind derzeit in Bewegung oder erfahren Entwicklungsschübe. Herbert Mayer, Vice President Global Power Sector bei Freudenberg Sealing Technologies, erklärt, warum Dichtungen für die Windenergie so wichtig sind, welche Chancen Wasserstoff bietet und wieso weltweit Unternehmen in grüne Energie investieren.
Herr Mayer, ist die Geschichte der Energie eine Geschichte der Innovation?
Herbert Mayer: Nun, schon die alten Ägypter betrieben Schifffahrt mit Segeln und haben damit Windenergie nutzbar gemacht. Später sprechen wir von Edisons Glühlampe, der Dampfmaschine oder Photovoltaikanlagen. Also ja, Innovation war immer ein entscheidender Faktor, Energie für Menschen einfach nutzbar und nützlich zu machen.
Aber nur ein Treiber von vielen?
Mayer: Mit einer Erfindung kann man einen großen Schritt nach vorne gehen, aber sie muss auch für eine breite Masse nutzbar gemacht und technisch angewendet werden. Freudenberg Sealing Technologies hatte zum Beispiel schon vor mehr als zweieinhalb Jahrzehnten begonnen, Dichtkonzepte für Wasserstoff und Brennstoffzellentechnik zu entwickeln. Damals wurde das in der Automobilindustrie als Potenzial für die Zukunft gesehen. Aber die Zeit war noch nicht reif. Wir haben dabei sehr viel gelernt, das uns heute ganz massiv hilft, wo Wasserstoff weit über den Automobilsektor hinaus ein Thema ist – von der Produktion von grünem Wasserstoff in Elektrolyseuren bis hin zur Nutzung als Antriebsenergie für Schiffe.
Das Anwendungsfeld Wasserstoff ist unglaublich vielfältig geworden.
Mayer: In der Tat. Es wird öffentlich sehr viel über Wasserstoff in der Anwendung gesprochen, als Ersatz für fossile Energieträger. Wir müssen aber die gesamte Wertschöpfungskette betrachten, also von der Erzeugung über den Transport bis hin zum Wasserstoff als Speichermedium. Es gibt sehr viele Projekte weltweit, die sich mit diesen Themen beschäftigen. Wir sind schon bei Elektrolyseur-Fabriken in Größenordnungen von mehreren hundert Megawatt angekommen, und für die nächsten Jahre müssen wir definitiv in Richtung Gigawatt-Factory denken. Damit können wir mittelfristig Kraftwerke, die heute mit fossilen Brennstoffen betrieben werden, ersetzen. Wir bei Freudenberg Sealing Technologies können diese Entwicklung mit unseren Produkten und Materialien sehr gut unterstützen.
Hören Sie: Herbert Mayer
Hören Sie: Herbert Mayer
Warum sind hier Dichtungen so entscheidend?
Mayer: Weil das Kernelement jeder Brennstoffzelle und jedes Elektrolyseurs der Stack ist, also die Platte, durch welche Wasserstoff und Sauerstoff geleitet werden. Diese Platten müssen sowohl dicht als auch beständig sein gegen die Medien, die durchgeleitet werden und die Medien die beim Prozess entstehen. Und alles muss auf industrielle Maßstäbe skalierbar sein. Das ist essenziell, und dafür braucht es Materialkompetenz. Es ist nicht trivial.
Wasserstoff ist aber mehr als nur als ein Energieträger.
Mayer: Es ist, wie erwähnt, auch ein Speichermedium. Ich kann damit grün erzeugte elektrische Energie speichern, so dass sie sehr gut beherrschbar ist, weil ich den Wasserstoff in verschiedene Aggregatszustände verwandeln kann: gasförmig für Pipelines, aber auch zu Flüssigkeit oder zu Ammoniak und diese dann speichern und transportieren.
Hören Sie: Herbert Mayer
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Ist er damit der Batterie überlegen?
Mayer: Das kommt auf den Anwendungsfall an. Batterieelektrische Systeme sind sehr nützliche Speichermedien, aber es ist aufwändig, sie für großindustrielle Anlagen hochzuskalieren. In solchen Fällen kann Wasserstoff die bessere Alternative sein. Wir sehen gerade einen Wettlauf der Technologien in der Welt. Da sind wir wieder beim Thema Innovation: Es kommt eben darauf an, dass eine Idee effizient und wirtschaftlich umsetzbar ist – und Verfügbarkeit gewährleistet. Am Ende hat Nutzbarmachung für den Endverbraucher immer auch mit Kosten zu tun. Innovation als Selbstzweck funktioniert nicht, sie braucht gesellschaftliche Akzeptanz und Strukturen.
Das gilt generell für grüne Energie. Sehen Sie da optimistisch auf die politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen?
Mayer: Wir stellen jedenfalls fest, dass aktuell nicht nur grüne Start-Ups über erneuerbare Energien sprechen, sondern auch etablierte Energieunternehmen, die aus der fossilen Welt kommen. Sie spüren die Transformation und wollen sie mitgestalten. Der Fokus auf erneuerbare Energien ist aktuell sehr, sehr hoch. Ebenso wie der Investitionsbedarf. Gleichzeitig sehen wir verstärkten Finanzfluss in klimarelevante Investitionen. Es stecken deutlich größere Wachstumschancen in den erneuerbaren Energien. Freudenberg Sealing Technologies ist in vielen dieser Zukunftsprojekte involviert und wir sehen sehr gute Chancen, Entwicklungspartner für unsere Kunden entlang der Wertschöpfungskette zu sein. Nehmen Sie nur zum Beispiel das Thema Windkraft: Hier sehen wir aktuell in Asien und allen voran in China die höchste Dynamik.
Dort wurde Anfang 2023 eine Windturbine mit 18 Megawatt angekündigt.
Mayer: Weltweit sind für Anlagen an Land vier bis fünf Megawatt Standard, Offshore bislang um die 12 oder 14 Megawatt. Die Rotordurchmesser von Großanlagen erreichen mittlerweile über 250 Meter! Allein solche Turbinen zu errichten, ist ein immenser logistischer Aufwand. Da reden wir noch nicht von Betrieb und Wartung. Bei derartigen Turbinengrößen stellen sich natürlich andere technische Anforderungen, zum Beispiel in Bezug auf Langlebigkeit: Die Wartung einer Offshore-Anlage ist nur kostspielig über Schiff oder Helikopter möglich. Auch hier kommt Freudenberg Sealing Technologies als Dichtungsexperte ins Spiel. Wir setzen mit der Seventomatic für große Lagerdurchmesser neue Maßstäbe an Performance unterstützen aber auch die Kunden in ihrer Bestrebung nach mehr Nachhaltigkeit. China selbst ist einerseits in den Schlagzeilen wegen hoher CO2-Verschmutzung, aber das Land ist mittlerweile auch in vielen Bereichen Vorreiter, um alternative Technologien marktfähig zu machen.
Inwiefern ist Nachhaltigkeit bei Turbinendichtungen ein Thema?
Mayer: In einer Turbine werden ja zum Beispiel Schmierflüssigkeiten eingesetzt. Niemand möchte auf seinem Acker Ölflecken sehen – und auf See, teils sogar angrenzend an Naturschutzgebiete gilt das umso mehr. Hier gelten erhöhte Anforderungen an die Performance einer Dichtung. Ähnliches gilt für Wasserkraftwerke.
Eine Technologie, die schon so lange existiert, dass sie gefühlt oft weniger wahrgenommen wird.
Mayer: Die Akzeptanz für bestehende Wasserkraftwerke ist oft sehr hoch – wenn Sie aber an Neuanlagen denken, an neue Pumpspeicherkraftwerke, an neue Stauseen, dann ist die Sensibilität der Bevölkerung für damit verbundene Probleme sehr gestiegen. Wir wissen ja, dass Flora und Fauna nicht unbedingt davon profitieren. Einer der Gründe, warum übrigens schon seit Jahren darüber diskutiert wird, ob man nicht auch Wasserkraftwerke „offshore“ einsetzen könnte, also als Gezeitenkraftwerke im Meer, indem man die Kraft der Strömung aus dem Tidenhub nutzt. Da gibt es viele Pilotprojekte, aber der große Durchbruch ist noch nicht gelungen. Wir beobachten das aber interessiert, denn auch hier gäbe es höhere technische Anforderungen an Dichtungen, durch die Aggressivität des Salzwassers über die Lebensdauer. Freudenberg Sealing Technologies kann hier seine Materialkompetenz ausspielen.
Hören Sie: Herbert Mayer
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Das gilt auch für den Bereich Solarenergie
Mayer: Ja, denn auch hier gibt es Herausforderungen: Regionen, in denen Solarparks wirtschaftlich betrieben werden können, stellen besondere Anforderungen, zum Beispiel was UV-Beständigkeit angeht. Außerdem muss sichergestellt werden, dass die Anlagen gegen Staub, Sand und Wasser abgedichtet sind. Auch im Bereich Solar wird aktuell sehr viel Geld investiert. Das bietet spannende Möglichkeiten für Geschäftsmodelle in Regionen des globalen Südens, die bis dato weniger eigene Industrien aufgebaut konnten. Übrigens abermals ein Einsatzfeld für Wasserstoff, um die Energie dann in weiter entfernte Industrieländer zu transportieren.
Woraus ziehen Sie Ihre Energie?
Mayer: Aus guten Gesprächen mit Freunden und meiner Familie und auch aus einem Tag in den Bergen dann bin ich gewissermaßen mein eigenes Pumpspeicherkraftwerk. Und im Beruflichen über die Zusammenarbeit mit meinem Team, der Vielfältigkeit der Aufgaben im Alltag und der Bereitschaft, auch mal ausgetretene Pfade zu verlassen. Das gibt Energie und macht Freude.
Dieser Beitrag stammt aus unserem Unternehmensmagazin „ESSENTIAL“, in dem wir kontinuierlich über Trends und Schwerpunktthemen aus unseren Zielindustrien und -märkten berichten. Weitere Beiträge des Magazins finden Sie hier.
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