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Frisch aus dem Labor
„Einmal Steak aus dem 3-D-Drucker mit Hightech-Gemüse, bitte!“ So könnte eine Bestellung im Restaurant bereits heute lauten. Dank neuer Food Konzepte, die die wachsende Weltbevölkerung satt bekommen wollen.
Wir werden immer mehr. Hochrechnungen der Vereinten Nationen besagen, dass bis 2050 etwa 9,7 Milliarden Menschen unseren Planeten bewohnen. Das sind knapp zwei Milliarden mehr als jetzt. Wird sich deren Hunger stillen lassen? Die Ressourcen sind endlich. Zudem belastet unser Appetit schon heute die Erde. Jahr für Jahr müssen riesige Waldflächen der Landwirtschaft weichen, Ökosysteme sind gefährdet, und die industrielle Tierhaltung verursacht große Mengen an Treibhausgasen, die den Klimawandel beschleunigen. Wissenschaftler und Start-ups rund um den Globus suchen daher nach neuen Methoden, die Menschheit zu ernähren. Und sie wurden fündig: Mit Fleisch aus dem Labor und Gemüse, das ohne Sonnenlicht und Nährboden auskommt, wachsen Alternativen heran.
250.000 Euro für einen Labor-Burger
Wer einmal die Gelegenheit hat, ein Stück Fleisch aus dem Labor, auch bekannt als „In-vitro-Fleisch“, zu probieren, der dürfte kaum einen Unterschied bemerken. Denn es sieht nicht nur aus wie echtes Fleisch, es kommt dem Original auch geschmacklich sehr nahe. Das bestätigen die Gäste des Restaurants „The Chicken“ in der israelischen Stadt Nes Ziona. Bei Testessen werden dort Chicken Burger serviert, deren Fleisch auf Muskel- und Fettzellen von Hühnern basiert. Mithilfe einer pflanzlichen Nährlösung wurde es zuvor im Labor angereichert. Die Gäste erhalten während ihres Besuchs sogar einen Einblick in die Herstellung. Denn das Labor trennt nur eine Glasscheibe vom Gastraum. „The Chicken“ gehört zum Lebensmittelhersteller Supermeat. Während das Unternehmen an der Entwicklung des Laborfleischs feilt, testet es seine Produkte im angegliederten Restaurant. Seine Vision: eine nachhaltige Alternative zum Fleisch aus Massentierhaltung anzubieten.
Mit diesem Vorhaben ist Supermeat nicht allein. Wissenschaftler und Start-ups forschen weltweit seit rund 20 Jahren an Laborfleisch. Zugelassen wurde das erste Clean-Meat-Produkt im Jahr 2020 in Singapur. Es handelte sich dabei um kultiviertes Hähnchenfleisch vom amerikanischen Unternehmen Eat Just. Was einer Markteinführung im großen Stil aber noch im Weg steht, sind die Kosten. 2013 wurde in England der erste Labor-Burger vorgestellt, dessen Produktion damals rund 250.000 Euro gekostet haben soll. Heute werden die Herstellungskosten für einen Patty auf unter 50 Euro geschätzt. Die gemeinnützige Organisation Good Food Institute schätzt, dass Laborfleisch bis 2030 einen wettbewerbsfähigen Preis erreicht haben könnte.
Fleisch aus dem 3-D-Drucker
Der Forschung gelang es nicht nur, die Herstellungsprozesse des „In-vitro-Fleischs“ zu verbessern, sie feilte auch an dessen Geschmack. Zudem werden die Fleischstücke immer größer. Ein weiteres israelisches Food-Tech-Unternehmen produzierte im letzten Jahr das bislang schwerste künstliche Rindersteak. Das etwa 110 Gramm schwere Laborfleisch entstand per ausgefeiltem 3-D-Druck-Verfahren. Dabei werden echte Muskel- und Fettzellen aus Gewebeproben gewonnen und vermehrt. Im nächsten Schritt werden die Rinderzellen in sogenannte „Biotinten“ eingearbeitet, die sich anschließend mit einem 3-D-Drucker in der Struktur eines Steaks ausdrucken lassen. Das gedruckte Ergebnis kommt dann zum Reifen in einen Inkubator, wo sich die tierischen Zellen in Fett- und Muskelzellen aufteilen. Das fertige Steak gleicht in Aussehen und Konsistenz dem Original.
Hightech-Gemüse aus der Indoor-Farm
Auf Hightech basiert auch das städtische Konzept des sogenannten Indoor-Farmings. Dabei wachsen Obst und Gemüse in Innenräumen. LED-Lampen ersetzen das Sonnenlicht. Auf Erde kann verzichtet werden, stattdessen gedeihen die Pflanzen auf Torf oder recycelten Kunststoffnetzen. Bewässerungssysteme und Beleuchtungsanlagen sorgen für die idealen Bedingungen. Die Pflanzen werden meist übereinander auf mehreren Ebenen gezüchtet. Das sogenannte Vertical Farming benötigt deutlich weniger Grundfläche als die konventionelle Landwirtschaft.
Der Hightech-Anbau ist in vielen Ländern schon Realität. Die weltweit größte Indoor-Farm entsteht gerade in Dubai. Nachdem das Unternehmen Crop One bereits einige Produkte auf dem amerikanischen Markt etabliert hat, sollen sich in der neuen Produktionsstätte täglich bis zu 3.000 Kilogramm Blattgemüse ernten lassen. Das Großprojekt basiert auf einem Joint Venture mit der Emirates-Gruppe. Das Indoor-Gemüse soll zukünftig auch auf Flugreisen serviert werden. Als schlagendes Argument betont das Unternehmen den minimalen Wasserverbrauch. Demnach soll ihr Gemüse rund 95 Prozent weniger Wasser benötigen als jenes, das auf dem Feld wächst.
Basilikum und Barsch in Symbiose
Doch es geht auch eine Nummer kleiner. Einige Start-ups haben Farming-Systeme entwickelt, die sich in die Gemüseabteilungen von Supermärkten integrieren lassen. Das deutsche Unternehmen ECF-Farming wartet mit einer weiteren Variante auf. Die sogenannte Aquaponik-Methode des Unternehmens verbindet die Zucht von Basilikum mit der von Buntbarschen. Pflanzen und Tiere befinden sich in einem gemeinsamen Kreislauf und profitieren voneinander. Bei dem Konzept schwimmen die Barsche im Stockwerk direkt über dem Supermarkt, die Basilikum-Farm befindet sich wiederum eine Etage darüber, unter einem gläsernen Dach. Das Wasser zirkuliert zwischen den beiden Ebenen. Während sich die Pflanzen Nährstoffe aus dem Fischwasser ziehen, nutzen die Fische den Sauerstoff, den die Pflanzen produzieren. Ein Supermarkt in Wiesbaden züchtet auf diese Weise einen Teil seines Sortiments selbst. So lassen sich Transportwege und Kühlketten verkürzen, zugunsten der CO2-Bilanz.
Aus wenigen Tierzellen wird ein ganzes Steak, und nahezu ohne Erde und Sonnenlicht wächst Gemüse in Perfektion. Können wir in Zukunft also auf natürliche Ressourcen verzichten, um sie zu schonen? Weder im Labor noch im Indoor-Gewächshaus lässt sich bislang die volle Produktpalette abbilden. Zudem stehen hohe Produktionskosten dem Anspruch der Massenproduktion gegenüber. Und viele müssen sich wohl erst mit dem Gedanken anfreunden, Fleisch zu essen, das unter künstlichen Bedingungen hergestellt wird. Dass eine solche Skepsis nicht von Dauer sein muss, zeigt das Beispiel vegetarischer und veganer Fleischalternativen. Sie haben es inzwischen in die Supermarktregale geschafft und erfreuen sich immer größerer Beliebtheit.
Dieser Beitrag stammt aus unserem Unternehmensmagazin „ESSENTIAL“, in dem wir kontinuierlich über Trends und Schwerpunktthemen aus unseren Zielindustrien und -märkten berichten. Weitere Beiträge des Magazins finden Sie hier.
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