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“Umbruch ist ein Traum für Fachleute“
Der Weg zur Nachhaltigkeit führt unter anderem über Energieeffizienz und geringere Emissionen. Aber wie lässt sich das konkret in der Produktion umsetzen? Und was hat Materialkompetenz damit zu tun? Dr. Matthias Sckuhr, COO von Freudenberg Sealing Technologies, spricht über Lean-Prozesse, historische Entwicklungen und die Rolle der Mitarbeitenden.
Herr Dr. Sckuhr, wie lassen sich Unternehmertum und Nachhaltigkeit vereinbaren?
Dr. Sckuhr: Das ist keine Frage von „lassen“ – Unternehmertum und Verantwortung gehören zusammen! Insbesondere Verantwortung für die Zukunft der Gesellschaft. Und damit auch für Umweltschutz, Gesundheit oder Arbeitsnormen. Dass das Klima sich ändert und die Umwelt bedroht, ist unstrittig. Dass wir als Unternehmer nachhaltig denken, ist die logische Konsequenz.
Das war schon immer so?
Nachhaltigkeit von Produkten und Prozessen ist seit jeher gelebte Verantwortung bei Freudenberg. Ja, Unternehmer müssen langfristiger und damit nachhaltig denken, sonst bestehen sie nicht. Die, die das nicht getan haben, gibt es heute nicht mehr.
Unternehmertum und Verantwortung gehören zusammen! Insbesondere Verantwortung für die Zukunft der Gesellschaft.
Wie aber reduzieren wir konkret Ressourcen und Energie?
Am Anfang ist immer die Frage: Wo stehen wir denn? Wo haben wir welchen Verbrauch? Wir bei Freudenberg Sealing Technologies wollen das ganzheitlich angehen. Das Thema Energieeinsparung haben wir deshalb fest in unserer Kultur und in unseren Programmen der kontinuierlichen Verbesserung verankert. Wir nennen die Initiative bei Freudenberg GROWTTH: „Get rid of Waste Through Team Harmony“. Dazu gehört auch, die Mitarbeitenden weltweit immer wieder zu schulen. Wir müssen „schlank“ denken, dazu gehört, jede Art von Verschwendung aus den Prozessen zu nehmen. Zudem benötigen wir verlässliche Zahlen, Daten und Fakten, damit wir unsere tatsächlichen Fortschritte auch messen können. Hierzu führen wir weltweit eine Energieverbrauchsmessung ein, sodass alle die gleichen Kennzahlen zur Verfügung haben und wir die größtmögliche Transparenz erreichen.
Energieeffizienz ist kein Selbstzweck.
Natürlich nicht. Wir benötigen Energie, um unsere Produkte herstellen zu können. Aber gerade deswegen haben wir als Unternehmen schon immer versucht, Prozesse so energieeffizient wie möglich zu gestalten. Bei Freudenberg Sealing Technologies sind wir in der guten Situation, dass wir schon 85 Prozent der benötigten Energie auf Elektrizität umgestellt haben. Die offene Frage ist jetzt nur noch, wie schnell uns Politik und Energieerzeuger tatsächlich nachhaltigen Strom zur Verfügung stellen können. Wir selbst setzen im Grunde fast gar nicht mehr auf fossile Brennstoffe: am ehesten bei den Heizungen – also dort, wo wir noch Gasheizungen im Einsatz haben.
Sie wollen bis 2025 30 Prozent Emissionen gegenüber 2020 einsparen – gerechnet in Tonnen CO2 pro Million Euro Umsatz. Wie geht das?
Wichtig ist zunächst zu klären, über welche CO2-Emissionen wir sprechen. CO2 entsteht ja entlang der kompletten Wertschöpfungskette. Wir betrachten Scope 1 und 2. Das heißt, die direkten Emissionen aus unseren eigenen Aktivitäten und die indirekten Emissionen aus Strom oder Wärme, die wir zukaufen. Scope 3 beträfe zum Beispiel Stahl, den wir einkaufen, und dessen Herstellung ja sehr energieintensiv ist. Natürlich wollen wir entlang der gesamten Wertschöpfungskette CO2 reduzieren. Wenn wir „grünen Stahl“ einkaufen, dann ist das eine wesentliche Reduzierung unseres Fußabdrucks. Es fließt aber nicht in die interne Berechnung mit ein. Und wir schauen nicht nur auf unseren Fußabdruck, sondern auch auf das, was wir als Handabdruck bezeichnen: Welche Effekte haben unsere Produkte beim Kunden? Wenn wir zum Beispiel reibungsminimierte Dichtungen liefern, senken unsere Kunden dadurch ihren Verbrauch.
Wie steht Freudenberg Sealing Technologies aktuell da?
Wir hatten wie viele Unternehmen 2020 aufgrund der Pandemie weniger Tonnen CO2 ausgestoßen – bedingt durch den geringeren Umsatz. Das war begrüßenswert, wenn auch vorhersehbar. Wir haben es aber auch 2021 geschafft, die emittierten Tonnen an Kohlendioxid bezogen auf Millionen Euro Umsatz zu senken. Der Trend stimmt also.
Hilft Materialwissen dabei, Emissionen zu senken?
Ja, denn durch veränderte Werkstoffe lassen sich auch Prozesse verbessern. Nehmen Sie das Nachheizen. Ein Großteil unserer Dichtungen muss nach der Formgebung noch zum Aushärten in den Ofen. Das benötigt Energie. Wir haben in den letzten Jahren neue Werkstoffe entwickelt, die nicht nachgeheizt werden müssen. Damit sparen wir Energie.
Prozessoptimierung ist das Herz der Energieeinsparung?
Auf jeden Fall war Prozessoptimierung schon immer ein Treiber für Ingenieurinnen und Ingenieure. Vielleicht war es früher stärker der finanzielle Anreiz, und heute betrachten wir zudem die Umwelt. Ein Endprodukt, das weniger Ressourcen benötigt, ist auf jeden Fall etwas Gutes. Auch Recycling ist sinnvoll, und über all diese Themen denken unsere Materialwissenschaftler nach. Ehrlich gesagt: Das ist doch aktuell eine der besten Zeiten für Ingenieure, Techniker und Naturwissenschaftler! Dieser Umbruch, bei dem man kreativ, wissenschaftlich und innovativ tätig sein kann, ist ein Traum für Fachleute!
Wir müssen ,schlank‘ denken, dazu gehört, jede Art von Verschwendung aus den Prozessen zu nehmen.
Der finanzielle Anreiz ist aber nach wie vor wichtig.
Natürlich ist er das. Bei Investitionsanträgen zum Beispiel wird der CO2-Effekt mitberücksichtigt. Ist eine Maschine eventuell etwas teurer in der Anschaffung, dafür aber energieeffizienter, fließt das in die Betrachtung mit ein. Wir wollen es unseren Abteilungen leichter machen, in solche Maschinen zu investieren.
Wie überzeugt man Mitarbeitende davon, nachhaltiger zu denken und zu handeln?
Ich weiß nicht, ob man Mitarbeitende überhaupt noch überzeugen muss. Das Thema ist so präsent, so emotional und so generationenübergreifend. Wir erhalten ganz viele Vorschläge und Ideen. Ich bin überzeugt, dass die meisten unserer Mitarbeitenden das längst verinnerlicht haben: der nächsten Generation eine Welt zu hinterlassen, die lebenswert erscheint. Das ist ein lohnenswertes Ziel, und ich kann jeden nur dazu auffordern, dazu beizutragen. Schließlich haben wir auch nicht mehr ewig Zeit.
Gab es in Ihrer beruflichen Karriere Situationen, von denen Sie im Nachhinein das Gefühl hatten: Hier haben wir nicht langfristig genug gedacht?
Die Frage stelle ich mir tatsächlich immer wieder. Man hätte immer mal an der einen oder anderen Stelle anders handeln können. Aber bezogen auf Nachhaltigkeit fällt mir da gar nicht viel ein. Eben weil Ressourcen einzusparen schon immer ein sinnvolles Ziel war. Was man im Nachhinein kritisch sehen kann, sind lange Logistikketten – das ließ sich lange Zeit aber gar nicht beeinflussen. Ich glaube, hier wird die Welt künftig etwas enger zusammenrücken – und wir werden Lieferungen über Tausende von Kilometern wenn möglich vermeiden wollen.
Nachhaltigkeit bedeutet letztlich, sich immer wieder neu zu hinterfragen?
Ja, weil wir im Laufe der Zeit immer wieder neue Möglichkeiten entdecken. Kontinuierliche Verbesserung – dieser Gedanke ist ganz fest verankert bei Freudenberg Sealing Technologies.
Dieser Beitrag stammt aus unserem Unternehmensmagazin „ESSENTIAL“, in dem wir kontinuierlich über Trends und Schwerpunktthemen aus unseren Zielindustrien und -märkten berichten. Weitere Beiträge des Magazins finden Sie hier.
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