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KI und Nachhaltigkeit
Künstliche Intelligenz und Nachhaltigkeit gehören zu den größten Trendthemen unserer Zeit. Auch für die Wirtschaft sind sie besonders wichtig. Doch wie lassen sie sich kombinieren?
„Es wird für Unternehmen immer normaler werden, künstliche Intelligenz zu verwenden“, ist sich David Koch sicher. Er ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung (IPA). Sein Forschungsgebiet: digitales Nachhaltigkeitsmanagement. „Wir haben uns gefragt, wie Unternehmen derzeit schon KI einsetzen, um sich auf diesem Gebiet zu verbessern. Und wir wollten wissen, wie Firmen sie in Zukunft nutzen können“, erklärt er. Herausgekommen ist die Studie „Nachhaltigkeit durch KI – Potenziale und Handlungsleitfaden für produzierende Unternehmen“. Darin identifizieren Koch und seine Kolleginnen und Kollegen aktuelle Anwendungsfälle, in denen sich KI positiv auf die Nachhaltigkeit auswirkt. Daneben enthält die Studie Handlungsempfehlungen für Unternehmen, die darüber nachdenken, KI für ihre Nachhaltigkeitsziele einzusetzen.
David Koch
David Koch studierte Maschinenbau, Wirtschaftsingenieurwesen und Umweltwissenschaften. Er hat verschiedene Positionen in der Entwicklung und Zertifizierung bei Daimler Trucks und Mercedes-Benz durchlaufen. 2022 vollzog er den Wechsel von der Praxis zur Theorie und ist seither wissenschaftlicher Mitarbeiter am Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung (IPA). Sein Arbeits- und Forschungsschwerpunkt ist Digitales Nachhaltigkeitsmanagement.
Nachhaltigkeit verbessern
„Die von uns untersuchten Firmen nutzen KI noch nicht so häufig zur Optimierung ihrer Nachhaltigkeit, wie sie könnten. Es gibt noch viel ungenutztes Potenzial“, ist Koch überzeugt. „Der Einsatz von KI bietet sich auf jeden Fall überall da an, wo komplexe Anwendungen mit einem hohen Datenaufwand einhergehen.“ Dabei gehe es bei umweltbewusstem Wirtschaften nicht immer nur darum, CO2-Emissionen einzusparen. „Nachhaltigkeit beinhaltet noch viel mehr“, sagt Koch. Auch ein effizienterer Energieverbrauch, weniger Abfall oder der verbesserte Einsatz von Ressourcen gehören dazu. „Es gibt sehr viele Möglichkeiten, die Nachhaltigkeit eines Unternehmens mit KI zu verbessern“, so Koch.
Die Studie des Fraunhofer IPA nennt zahlreiche Anwendungsfälle, in denen der Einsatz von KI in Unternehmen dazu beigetragen hat, ressourcenschonender zu wirtschaften. So wird KI in der Produktion beispielsweise zur „Predictive Maintenance“, also zur vorausschauenden Wartung von Maschinen eingesetzt. Die Anwendung hilft genau zu prognostizieren, wann eine Maschine gewartet oder ein Bauteil ausgetauscht werden muss. Der Effekt: Es müssen weniger Ersatzteile verbaut werden, und es kommt seltener zu ungeplanten Ausfällen der Maschine. KI-Anwendungen helfen zudem, Produktionsprozesse zu optimieren. Beispielsweise wenn Rezyklat in Spritzgussprozessen aufgrund gesetzlicher Vorschriften einzusetzen ist. Die KI kann dann die Maschinenbediener in der Konfiguration der Maschinenparameter unterstützen. „Durch die KI kann die Maschine schnell und im laufenden Betrieb an die veränderte Materialzusammensetzung angepasst werden“, so Koch.
Energie und Ressourcen einsparen
Weitere Potenziale für den Einsatz von KI-Anwendungen sieht die Studie im Qualitätsmanagement: Optische Überwachungssysteme, kombiniert mit KI-basierten Bildverarbeitungssystemen können schnell Produktanomalien aufdecken. Durch rasche Korrekturen lässt sich der Ausschuss in der Produktion verringern. Bei der Planung neuer Produktionsstätten kann KI helfen, die Energieeffizienz der Produktionsstrecke zu erhöhen. Ebenso in der Logistik, wo die neue Technologie eine dynamische Tourenplanung ermöglicht. Ähnlich in der Beschaffung: Hier kann die KI die gesamte Supply Chain des Unternehmens im Blick behalten und Beschaffungsrisiken vorhersagen. Lieferketten können so stabiler und flexibler aufgebaut, der Ressourcenverbrauch eines Unternehmens kann reduziert werden.
Wer sich mit dem Gedanken trägt, mit KI-Anwendungen seine Nachhaltigkeit zu verbessern, müsse sich Koch zufolge zunächst zwei grundlegende Fragen stellen. „Ist KI überhaupt das richtige Werkzeug für mein Problem? Und wenn ja: Habe ich ausreichend Daten in der richtigen Form vorliegen?“ Denn ohne die richtige Datengrundlage lässt sich eine KI nicht trainieren. „Für das Training muss die Anwendung mit Unternehmensdaten gefüttert werden“, sagt er. „Es muss also zunächst geprüft werden, ob genügend Daten in einer Form vorliegen, in der die KI sie verarbeiten kann.“ Wenn nicht, müsste das Unternehmen zunächst viel Eigenarbeit leisten, um die nötige Dateninfrastruktur zu etablieren. „Erst wenn die sichergestellt ist, kann das Training der KI beginnen.“
Nachhaltigkeit messbar machen
Wie lässt sich messen, dass und wie KI-Anwendungen die Nachhaltigkeit eines Unternehmens verbessern? Die Studie des Fraunhofer IPA liefert dazu einige Denkanstöße: Zunächst sollte ein Unternehmen eine allgemeine Nachhaltigkeitsstrategie entwickeln, aus der konkrete Ziele abzuleiten sind. Bezüglich der Ziele ist zu prüfen, welche sich mithilfe von KI-Anwendungen erreichen lassen. Ist die Entscheidung für den Einsatz einer KI gefallen, ist eine Bestandsaufnahme des bisherigen Ressourceneinsatzes erforderlich, ehe die KI eingeführt wird. Sobald die KI eine Weile in Betrieb ist, gilt es diesen erneut zu messen. Die Differenz zeigt, wie effektiv die KI die Nachhaltigkeit tatsächlich verbessert und ob die Ziele damit erreicht werden.
CO2-Emissionen beim Training
Und doch ist genau dieses Training ein wunder Punkt. Denn hier verbraucht die KI-Anwendung unter Umständen viel Energie und verursacht hohe CO2-Emissionen. „Es kommt natürlich immer auf die Art der Anwendung an“, sagt Koch. Nicht jedes Modell ist gleich aufwendig zu trainieren. Große generative KI sei sehr ressourcenintensiv in ihrem Training. „In der Industrie kommen jedoch meist kleinere Anwendungen zum Einsatz, die auf ein spezielles Thema fokussiert sind“, sagt er. „Diese verursachen in ihrem Training meist nicht mehr CO2-Emissionen als das Streamen eines einstündigen Videos.“ Wolle man also mittels künstlicher Intelligenz Emissionen einsparen oder ressourceneffizienter werden, so müsse man sich immer fragen: Wie viel CO2-Emissionen durch die Nutzung von KI ist mir das wert? „Das sind zwei ganz unterschiedliche Größen, die sich nicht so einfach gegeneinander aufrechnen lassen“, so Koch.
Zukünftig mehr Energieeffizienz
Klar ist jedoch für Koch: „Jedes Unternehmen hat bei seinen Kosten-Nutzen-Rechnungen vermehrt Nachhaltigkeitsaspekte zu berücksichtigen. Der Einsatz von KI wird hierbei einen immer größeren Raum einnehmen.“ Auch bezüglich des ressourcenintensiven Trainings der neuen Technologie blickt Koch positiv in die Zukunft: „Ich bin mir sicher, dass sich durch weitere Forschung erhebliche Effizienzgewinne ergeben werden – sowohl in der Prozessortechnologie als auch bei den verwendeten Algorithmen.“ Trotz all dieser Perspektiven rät Koch Unternehmen, mit Augenmaß zu agieren: „Wenn es andere, leicht realisierbare Methoden gibt, die eigene Nachhaltigkeit zu optimieren, dann bedarf es auch keiner KI-Unterstützung.“ Wenn jedoch alle Voraussetzungen erfüllt sind, kann KI einiges dazu beitragen, unsere Wirtschaft in Zukunft nachhaltiger zu machen.
Dieser Beitrag stammt aus unserem Unternehmensmagazin „ESSENTIAL“, in dem wir kontinuierlich über Trends und Schwerpunktthemen aus unseren Zielindustrien und -märkten berichten. Weitere Beiträge des Magazins finden Sie hier.
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