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Wie global bin ich?
Kaum ein Staat verschließt sich vollständig gegenüber der Weltgemeinschaft. Doch wie stark sind einzelne Länder überhaupt globalisiert, und wie lässt sich das messen?
Was glauben Sie? Welches Land gilt als am stärksten globalisiert? Die Wirtschaftsmacht China? Mitnichten. Das Reich der Mitte liegt abgeschlagen auf Position 77. Die Weltmacht USA? Nein. Sie schafft es nur auf Platz 24. Dann vielleicht ein aufstrebender Stadtstaat und Finanzplatz wie Singapur? Schon besser. Aber auch der Tigerstaat erreicht lediglich Rang 20. Stattdessen thront in einer 196 Staaten umfassenden Rangliste ein Land ganz oben, das weder über eine Millionenstadt noch über einen Hochseehafen verfügt: die Schweiz.
Viel mehr als nur Ökonomie
Nachzuschlagen sind diese Erkenntnisse im Ende 2022 veröffentlichten Globalisierungsindex der Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH) Zürich. Die Erstellung des 2002 erstmals erschienenen und jährlich neu aufgelegten Index obliegt der Konjunkturforschungsstelle (KOF) der ETH. Bei ihren Untersuchungen arbeiten die Wissenschaftler nicht mit topaktuellen Daten. So basiert etwa der letztjährige Index auf Daten des Jahres 2020. Was den KOF Globalisierungsindex von zahlreichen anderen Globalisierungsranglisten unterscheidet, ist die ihm zugrunde liegende Methodik. Die Schweizer erliegen nicht der Versuchung, lediglich wirtschaftliche Rahmendaten zugrunde zu legen. Für sie springt dieser oft gewählte Ansatz deutlich zu kurz. Sie beleuchten den Grad der Globalisierung anhand von drei Komponenten: ökonomisch, sozial und politisch. Für diese ziehen sie 42 Variablen zurate, die sie verschieden gewichten. Ökonomisch betrachtet weist Singapur im 2022er Index die besten Werte auf. Bei der sozialen Globalisierung schneidet Luxemburg am besten ab, während unter politischen Gesichtspunkten Italien die Nase vorn hat.
Der KOF Globalisierungsindex
Ökonomische Globalisierung: Zum Beispiel Handel von Gütern und Dienstleistungen, Zölle, Steuern, Handelsbeschränkungen, Auslandsinvestitionen, Investitionsbeschränkungen, Offenheit der Kapitalbilanz, Investitionsabkommen.
Soziale Globalisierung: Unter anderem Visarestriktionen, Zugang zum Internet, Tourismusströme, Geschlechtergleichheit, Migration, Pressefreiheit, Registrationen internationaler Markenrechte, Bildungsstand, Hochtechnologiehandel, internationale Flughäfen, Studenten und Patentanmeldungen, Bürgerrechte, McDonald’s-Restaurants und IKEA-Häuser.
Politische Globalisierung: Vor allem Zahl der Botschaften und internationaler Nichtregierungsorganisationen, Mitgliedschaft in internationalen Organisationen, Abschluss internationaler Verträge, Teilnahme an UN-Friedensmissionen.
Europa dominiert
Am Ende bestimmt der Mix aus allen drei Ranglisten den Grad der Globalisierung. Und hierbei dominiert der alte Kontinent. Unter den 15 Topplatzierten finden sich ausnahmslos europäische Staaten. Außer der Schweiz und Großbritannien sind sie allesamt Mitglieder der wirtschaftlich, sozial und politisch eng verflochtenen Europäischen Union. Erst auf den Rängen 18 und 20 folgen mit Kanada und Singapur außereuropäische Staaten. Was ebenfalls auffällt: Unter den Top 20 sind überwiegend kleinere Länder. 14 von ihnen haben um die zehn Millionen Einwohner oder weniger. Die Wissenschaftler der KOF erklären das wie folgt: „Aufgrund ihrer stärkeren Verflechtung, beispielsweise mit Nachbarstaaten, sind kleine Länder tendenziell stärker globalisiert als große Länder. Bei Letzteren findet ein Großteil des Austausches innerhalb des Landes statt.“ Doch wie lässt sich nun die Spitzenposition der Schweiz begründen? Die Autoren heben die hohe Außenhandelsquote des Landes mit seiner exportorientierten Chemie- und Pharmaindustrie hervor. Daneben spiele die Schweiz als Bankenplatz im globalen Finanzwesen eine prominente Rolle. Durch zahlreiche internationale Holdinggesellschaften, die ihren Sitz in der Schweiz haben, sei das Land ebenfalls „eng mit dem Ausland verflochten“. Zudem punkte das mehrsprachige Land mit seiner kulturellen Vielfalt, einem hohen Einkommensniveau und seiner geografischen Lage im Herzen Europas. Schlussendlich residieren viele internationale Organisationen in der Schweiz (viele davon in Genf), etwa die Welthandelsorganisation und das Internationale Rote Kreuz. Das für seine Neutralität bekannte Land hat sich demnach international überaus gut und breit aufgestellt.
Kleine Länder sind tendenziell stärker globalisiert als große.
Global Cities
Während die KOF die Globalisierung von Staaten unter die Lupe nimmt, widmen sich andere Studien den Städten. Sie gelten als agil und haben somit gute Chancen, in kürzerer Zeit spürbare Globalisierungsfortschritte zu erzielen. Die international tätige Unternehmensberatung A.T. Kearney erhebt seit einem Jahrzehnt den Global Cities Index. Dieser bewertet Wirtschaftsaktivität, Humankapital, Informationsaustausch, Kulturangebot und politisches Engagement. Am besten schnitten 2022 New York und London ab. Beide Städte haben jedoch in den letzten Jahren an Punkten verloren – besonders in den Bereichen Wirtschaftsaktivität und Humankapital. Beide Städte erholten sich langsamer von den Folgen der Coronapandemie als andere Metropolen im Ranking. London kämpfe darüber hinaus auch noch mit den Folgen des Brexit. Das sei besonders an der Anzahl der internationalen Studierenden in der Stadt abzulesen, deren Anzahl sich im Vergleich zum Jahr 2020 halbiert habe. Dennoch führt die britische Hauptstadt seit Jahren die Liste der am meisten globalisierten Städte an. Ein Platz, von dem Großbritannien als Ganzes noch ein ganzes Stück weit entfernt ist. Ob das einstige Empire in dieser Hinsicht in den nächsten Jahren aufholen kann? Die nächsten KOF Globalisierungsindizes werden es zeigen.
Dieser Beitrag stammt aus unserem Unternehmensmagazin „ESSENTIAL“, in dem wir kontinuierlich über Trends und Schwerpunktthemen aus unseren Zielindustrien und -märkten berichten. Weitere Beiträge des Magazins finden Sie hier.
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