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Lebenslang
Mit modernen Simulationsmethoden gelingt es Freudenberg Sealing Technologies, die Lebensdauer von Dichtungen über Jahrzehnte vorherzusagen. Was in der Windkraft bereits zum Standard gehört, gewinnt auch in anderen Branchen an Gewicht.
280 Meter ragt die größte Offshore-Windkraftanlage der Welt über den Meeresspiegel. Ende 2022 produzierte der Prototyp im dänischen Østerild seine erste Kilowattstunde Strom. Mit einer Leistung von 15 Megawatt soll sie pro Jahr 80 Gigawattstunden Strom erzeugen – in etwa so viel Energie, wie 25.000 Elektroautos pro Jahr verbrauchen, wenn sie jeweils 15.000 Kilometer zurücklegen. Die Offshore-Windkraft strebt zu immer neuen Rekorden. Dass dabei gewaltige Mengen an Beton und Stahl verbraucht werden, trübt die CO2-Bilanz nur geringfügig: Maximal 11,8 Gramm des Treibhausgases emittiert laut Fraunhofer-Institut für Bauphysik eine auf See stationierte Windkraftanlage, wenn man die durch den Bau entstehenden Emissionen auf den Betrieb umrechnet. Klar wird durch diese Rechnung aber auch: Je länger eine Windkraftanlage hält, desto klimafreundlicher fällt die Bilanz aus.
Es ist nicht allzu lang her, dass Windkraftexperten mit einer Mindestlebensdauer von 25 Jahren rechneten. Mittlerweile geben die Betreiber bis zu 35 Jahre vor. Was im Sinne der Nachhaltigkeit gut ist, stellt die Ingenieure von Freudenberg Sealing Technologies vor neue Herausforderungen. Denn sie müssen die Lebensdauer der Dichtungen, die zwischen dem Turm und dem tragenden Stahlpfeiler – von Fachleuten „Monopile“ genannt – eingesetzt werden, ebenfalls auf eine Lebensdauer von drei Jahrzehnten auslegen. Da mit diesen Dichtungen die Verschraubung vor dem korrosiven Meereswasser geschützt wird, muss eine einwandfreie Funktion bis zum letzten Betriebstag unbedingt gegeben sein.
Ein so langes Bauteilleben kann nicht allein durch Prüfstandtests abgesichert werden. Deshalb ermittelt Freudenberg bestimmte Werkstoffeigenschaften zunächst in sechswöchigen Belastungstests. Anschließend kommt ein weiterentwickelter Arrhenius-Algorithmus zum Einsatz, mit dem sich die Lebensdauer extrapolieren lässt. Das nach dem schwedischen Chemiker und Nobelpreisträger Svante August Arrhenius benannte und an sich bekannte Verfahren wurde von Freudenberg-Werkstoffexperten in den letzten Jahren konsequent weiterentwickelt. So verbesserten sie das Lebensdauermodell deutlich, indem sie chemische und physikalische Effekte mit dem strukturmechanischen Verhalten des Werkstoffs koppelten.
Bewährtes Werkzeug
„Die konsequente Entwicklung von Simulationswerkzeugen ist ein wesentlicher Teil moderner Werkstoffentwicklung, da Kunden von uns auch Aussagen erwarten, die über den üblichen 1.000-Stunden-Langzeittest im Labor hinausgehen“, erläutert Dr. Boris Traber, der bei Freudenberg Sealing Technologies die Werkstoff-Vorentwicklung verantwortet. „Für das Langzeit-Alterungsverhalten der Elastomere, die in statischen Dichtungen eingesetzt werden, liegen mittlerweile sehr gute Modelle vor, die bereits bei zahlreichen Kundenprojekten zum Einsatz gekommen sind.“ Gemeinsam mit Freudenberg Technology Innovation konnte zudem eine neue Methode etabliert werden, um den Einfluss der Schädigung durch Sauerstoff – die sogenannte thermo-oxidative Alterung – zu bestimmen und die Werte in die Modelle zu integrieren. Dadurch sind für immer mehr Werkstoffe Datenbankwerte verfügbar, die die Experten nutzen können.
Doch mit dem Erreichten gibt sich Traber nicht zufrieden, denn viele weitere Faktoren beeinflussen die Lebensdauer einer Dichtung. Und außerdem sind statische Dichtungen nicht die einzigen, die sehr viel aushalten müssen. „Viele statische Dichtungen sind mit dynamischen Schwingungen überlagert, beispielsweise eine Rahmendichtung in dem Motorblock einer Gasturbine, die mit sehr hohen Temperaturen arbeitet“, ruft Traber in Erinnerung. Die Hersteller solcher Turbomaschinen wünschen sich Standzeiten von bis zu 99.000 Betriebsstunden. In solchen Anwendungen reicht es nicht, allein den Dichtungswerkstoff zu betrachten. Entscheidenden Einfluss auf die Alterung hat nämlich das Zusammenspiel zwischen Dichtung und den abzudichtenden Medien. Im Fall der Gasturbine waren es gleich zwei Medien: Kühlwasser und Motoröl. „Auch wenn das die Königsklasse der Lebensdauervorhersage bedeutet, muss es doch unser Anspruch sein, dass wir solche Herausforderungen in Zukunft ebenfalls vorhersagen können“, so Traber.
Auch im Automobilgeschäft wird langfristige Haltbarkeit wichtiger. So fragen Hersteller und Zulieferer immer häufiger nach einer hohen Lebensdauer unter extremen Bedingungen – etwa für Dichtungen in Elektroantrieben oder in der Abgasanlage von Wasserstoffmotoren. Und auch da gilt: Je länger das Leben, desto nachhaltiger das Produkt.
Lesen Sie mehr zu unserem WerkstoffportfolioDieser Beitrag stammt aus unserem Unternehmensmagazin „ESSENTIAL“, in dem wir kontinuierlich über Trends und Schwerpunktthemen aus unseren Zielindustrien und -märkten berichten. Weitere Beiträge des Magazins finden Sie hier.
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